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RE: Wie war euer Weggang aus der Heimat?

#16 von joesachse , 02.08.2009 21:09

Hallo miteinander, hier meine kurze Geschichte:
War im April 91 im meinem Beruf im Erzgebirge auf Kurzarbeit 0, als ein Freund mir sagte, dass ein Bekannter seiner Verwandten im Ländle verzweifelt eine gute Kraft suchen würde. Da war abzusehen, dass es im Osten erst mal bergab geht, also haben wirdie Chance und Herausforderung angenommen, meine Frau ist mit drei Kindern zu Hause geblieben und ich habe gedacht: Mals so 2-3 Jahre in den Westen gehen, viel Neues kennenlernen und Erfahrungen sammeln und dann zurück. Nach zwei Jahren war dann aber abzusehen, dass das nicht funktionieren würde, außerden waren die Pendlerfahrten jedes Wochenende für alle belastend. Dann also das Ersparte zusammmengekratzt, die Fördertöpfe angezapft und eine Wohnung gekauft, Ende 93 kam dann die Familie nach. Ein halbes Jahr später hat meine Frau hier wieder zu arbeiten begonnen, nach zwei weiteren Jahren wurde Sie in den Vorstand vom Sportverein gewählt, wir hatten Dank der Kinder schnell Kontakt zu den Einheimischen. Und spätestens so ab 2000 war für uns die neue Heimat das richtige "zu Hause" geworden, wir merkten das auch in unserem Sprachgebrauch.
Ich war im Gymnasium hier ein paar Jahre Elternvertreter, das größte Problem dort waren aber die Eltern, nicht die Schule, die Schüler oder die Lehrer. Wir haben dann hier viel erlebt, ich habe zwei Insolvenzen meiner Arbeitgeber mitgemacht, habe immer wieder Jobs gehabt, die mir rießig Spaß machen, meine Frau hat sich von der Hilfskraft zur Chefin qualifiziert (die nicht nur Chefin ist, sondern auch richtig anpacken und es ihren Mitarbeitrern vormachen kann). Vor kurzen haben wir mit dem Abi unseres Jüngsten 18 Jahre Schulzeit abgeschlossen (davon 13 Jahre Gymnasium hier in Baden Württemberg). Ich habe Freunde hier gefunden (wenn auch nicht viele), habe viele Kunden, zu denen über Jahre ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde. Ich bin vom Biertrinker zum Weintrinker konvertiert, habe genießen gelernt (getreu dem Wecker-Song: "... wer nicht genießt, ist ungenießbar..."), ich fühle mich hier zu Hause. Heimweh habe ich nicht, eher gelegentlich mal Lust, was neues, anderes zu machen...
Ich könnte noch viel dazu schreiben, über die Probleme der Anfangszeit, über meine heutigen Abenteuer, aber das würde den Rahmen eines Beitrages sicherlich sprengen. Vielleicht fange ich noch mal an zu bloggen...

Gruß
JoeSachse


Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. (Goethe)

 
joesachse
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RE: Wie war euer Weggang aus der Heimat?

#17 von Meißner , 21.08.2009 14:22

Einfach abenteuerlich.
August 89 in Budapest gesessen,jedoch Schiss gehabt alleine abzuhauen,mein Kumpel wollte wieder zurück nach hause wegen seinen Eltern und so.....
Am 03.Oktober mit einem anderen Kumpel nach Dresden gefahren und dann weiter Richtung Tschechien (mit dem Zug).
An der Grenze frug man uns wo wir denn hin wollten und wir sagten nach Brno zelten, Hin- und Rückfahrt hatten wir natürlich,wir wollten natürlich nur nach Prag in die Botschaft aber die schmißen uns aus dem Zug mit dem Hinweis wir sollen nach hause fahren und Radio hören.
Also wieder zurück nach Dresden,die haben bestimmt 80% aus dem Zug geschmissen, wo wir dann erfuhren dass man auf einmal ein Visa für Tschechien brauchte.
Na gut,wir warteten bis abends ab und stiegen dann in einen Bus Richtung Zinnwald (Grenze) stiegen jedoch viel früher wieder aus und schlugen uns durch die Landschaft bis wir zu einer Kneipe kamen.
Naja man kam so ins Gespräch mit dem Kneiper und auch Urlaubern aus Görlitz welche am Nachmittag auch nach Tschechien wollten,aber nicht um abzuhauen,sondern zum Schoppen und man war ziemlich sauer darüber wegen dem plötzlichen Visa und dem Staat....
Natürlich mußte ja die Frage kommen,was uns am späten Abend in die verlassene Gegend trieb....
Abhauen? Seid ihr denn verückt usw.
Der Kneiper machte uns denn Vorschlag in der Kneipe zu übernachten und nach einem frühen Frühstück uns in den Wald bzw. Grenze zu fahren. Ok.
Alles klappte,wir liefen dann bestimmt zwei Stunden durch den Wald,über Wiesen und Felder,die Schilder Achtung Staatsgrenze der DDR,hatten wir schon lange hinter uns gelassen bis wir an eine Talsperre oder so was kamen.
Wir liefen also drüber und freuten uns nun endlich mal irgendein Hinweisschild bzw.Ortsschild zu sehen.
Zum Lesen kammen wir leider nicht mehr,denn auf einmal kamen aus verschiedenen Richtungen Polizeiautos.
Visa schrie es nur noch und das wars dann.
Polizeistation - Abholung durch die deutsche Polizei - Stasi - U-Haft (1Woche in Cemnitz und dann noch 3 Wochen in Dresden)- 03.11.89 wieder nach Prag - dann mit dem Zug in die BRD.
Also am 04.11.89 eingereist und am 09.11.89 geht die Mauer auf - na prima.
Naja man war jung 20 Jahre damals- es war halt ein Abenteuer.
Es hat auch mit einem Job geklappt,bis jetzt noch nicht arbeitslos gewesen außer im November 89,aber falls ich meine Rente erleben darf,dann nur im Osten.
Heimat bleibt eben Heimat.

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