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aus Weißwasser

#1 von LarsFreiburg ( gelöscht ) , 06.03.2006 11:49

Gesellschaftliche Erlebnisse
In unserem Pionierleben kam es öfter zu gesellschaftlichen Höhepunkten in Form von Besuchen bei Patenbrigaden, Auftritten mit der Klasse oder dem Pionierensemble oder wichtigen Einsätzen praktischer Arbeit, als Erntehelfer, Baumpflanzer oder sogar als Unterrichtsteil, der sich PA nannte.
Sehr beliebt waren solche Einsätze nicht, weil wir da arbeiten mussten, im Gegensatz zu den Erdbeerernten. Da fraßen wir wie die Raupen solange, bis uns der Bauch weh tat und legten dann erst Beeren in den Korb. Pro gefüllten Korb bekam man eine Marke und für diese etwas Geld. So ein Einsatz war eigentlich jedes Jahr dran.
In genau so einer Regelmäßigkeit hatten wir gesellschaftliche Pflichten, die meist in Verbindung des Pionierensembles standen. Und als ich in der Gruppe um Frau H.* noch drin war, habe ich diese Verpflichtungen miterlebt. Dazu gehörten Proben, das Einüben von neuen Stücken, Auftritte, Gesangseinlagen bei Schulfeiern oder sogar bei irgendwelchen Stadt- oder Betriebsfeiern. Frau H.* führte ein strenges Regiment und wir hatten alle, aufgrund ihres Einflusses, einen riesen Respekt vor ihr. Und wen sie auf dem Kieker hatte, der hatte es sehr viel schwerer als andere. Und überhaupt musste man sich für jeden Kleinkram rechtfertigen.

Typisch für uns im Osten war das folgende Szenario. Wenn sich Herr Honecker in irgendeiner Stadt ansagte, war alles in Aufruhr. So wurden sicherheitsrelevante Brücken gesperrt, benutzte Straßen und Wege geteert, Häuserfassaden mit Winkelementen beschmückt, der Werkstattmeister und der SERO Annehmer zogen einen neuen blauen Kittel an, im Ort traf der Regierungszug ein, der Fahrzeugpark und ein Hubschrauber, so dass man nie genau wusste, wo dich der Staatsratsvorsitzende befand.

Zu unserer Kaufhalle fuhren LKW und brachten Waren, damit Erich bei der Besichtigung volle Regale vorfand und ausgesuchte Bürger taten so, als wenn sie einkaufen. Problembürger hingegen mussten sich fernhalten und wenn die hohen Herren wieder abzischten, wurden die schönen Apfelsinen und Bananen wieder verladen, der LKW brachte sie zum nächsten Programmpunkt. Natürlich mussten wir wieder winken und eine entsprechende Wandzeitung gestalten, die wenn sie wirklich gut war, sogar beim Kreis ausgestellt wurde.

Unseren Schulalltag fanden wir schnell wieder, waren doch solche Staatsbesuche sehr selten. Die Leipziger dürften da öfter in den Genuss gekommen sein. Leipzig ist schon immer wichtiger als Weißwasser. Inzwischen hatten wir neue Fächer zu bewundern. Alle zwei Wochen am Montag hatten wir PA. Ich glaube das hieß so was wie praktische Arbeit. In der anderen Woche hatten wir Technikunterricht, wo wie an den DDR Computern saßen, elektrische Schaltungen bastelten oder uns mit den Grundlagen der Technik befassten.

Eigentlich war es gar nich so unwitzig *lol*


LarsFreiburg

RE: aus Weißwasser

#2 von Schmusekatze , 06.03.2006 17:34

PA war doch eigentlich eine prima Idee. Ich fand es gut mal aus der Schule rauszukommen. Praktische Arbeit ist eh mehr was für mich gewesen als Schulbank drücken. Die Wessis kennen diese Art der Schule gar nicht, nur eine Woche Praktikum und das war es dann. Wir sind wenigstens auf das Arbeiterleben vorbereitet worden. Man lernte Bohren, Sägen und auch andere Dinge, die man im späterem Beruf (je nach Berufswahl) auch ganz gut gebrauchen konnte. Was ist also dagegen einzuwenden gewesen? Ich würde soetwas auch heute wieder einführen, aber bei so vielen Arbeitslosen kann man nicht auch noch Schüler arbeiten lassen!


 
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RE: aus Weißwasser

#3 von lapschi ( gelöscht ) , 07.03.2006 11:04

Man ist dabei, das Schulsystem in diese Richtung zu "reformieren". Der Polytechnische Unterricht wird wieder eingeführt, heißt dann bloß anders. Polikliniken sind ja auch wieder im Kommen, ich weiß nur nicht, wie die jetzt heißen.
Praktikum in Betrieben ist bei Bildungseinrichtungen sehr beliebt, sie geben ihre Schüler weg und verdienen dabei noch Geld. Die Betriebe nehmen gern Praktikanten, sie haben so billige Arbeitkräfte.
Die Verwaltung der Arbeitslosigkeit ist ein guter Job. Deshalb wird ein Mitarbeiter der Arbeitsagentur niemals ernsthaft seinen Arbeitsplatz wegrationalisiern. ...aber das ist schon wieder ein anderes Thema.


lapschi

RE: aus Weißwasser

#4 von xlmoni46 ( gelöscht ) , 08.03.2006 16:47

Auch wenn es nur DDR-Computer waren...ihr wußtet dann wenigstens schon, das es so etwas gibt ...wir mußten uns noch mit Bleistift und Lineal quälen...macht weiter so, ich finde die Beiträge super und bestimmt gibt es noch mehr Erlebnisse, die nicht nur zum Heulen waren und lachen ist soooo gesund


xlmoni46

RE: aus Weißwasser

#5 von xlmoni46 ( gelöscht ) , 08.03.2006 16:50

Mir fällt gerade noch etwas ein, das hieß doch damals ESP=Einführung in die Sozialistische Produktion ...zu meiner Zeit jedenfalls. Übrigens schreibe ich noch immer, wie ich es damals gelernt habe, irgendwann wird eh der alte Duden wieder neu aufgelegt


xlmoni46

RE: aus Weißwasser

#6 von Schmusekatze , 09.03.2006 10:51

Computer zu DDR Zeiten, das kenne ich nicht. Wir hatten nicht einmal einen Taschenrechner, ich habe noch mit Rechenschieber gelernt. Wer kennt das Teil heute eigentlich noch? Man konnte es auch gut als Lineal zum Unterstreichen nehmen, aber ohne Überschlagsrechnung kam man sowieso nie auf das richtige Ergebnis. Dennoch habe ich meinen 10Klassen-Abschluss in Mathe mit 1 gemacht, also man konnte auch mit diesem jetzt museumsreifen Teil rechnen.


 
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RE: aus Weißwasser

#7 von chrishan ( gelöscht ) , 09.03.2006 19:56

daran kann ich mich auch noch gaaaaaaaanz finster erinnern. Diese alten DDR-Computer. Basic-programme hiessen doch die ersten programier-versuche...oder? Stundenlang irgenwelche or und when-befehle eintippen und der Cursor hüpft von links nach rechts! Genial......Pa war ne gute Sache. Mein damaliger Lehrmeister(oder wie hießen die Pa-Lehrer noch) arbeitet heute im Toom-baumarkt. Hab ihn mal vor langer Zeit angesprochen( da wohnte ich noch daheeme). Da kamen dann alte erinnerungen wieder hoch. Das gute war ja das Pa-Zentrum, bei uns, lag direkt im Chemiebetrieb. Da gabs denn einmal im Monat Alarm (Probe- und richtiger Alarm). Übrigens Chlor stinkt gewaltig...
weiter gehts!


chrishan

RE: aus Weißwasser

#8 von Renate , 11.03.2006 22:05

Klar kenne ich noch den Rechenschieber. Auch ich habe damit Mathe gelernt. Aber der eignete sich auch super um "Spickzettel" darunter zu kleben. Man durfte sich nur nicht erwischen lassen, denn die Lehrer hatten das auch bald raus.
Meinen ersten Computer habe ich nach der Wende, als unser Kombinat teilweise wegrationalisiert wurde, bei einem Lehrgang kennengelernt. Da wußte ich nicht mal, wo der Knopf zu einschalten ist. Es war der reinste Horror für mich, und ich dachte, das lern ich nie. Und heute verdiene ich damit mein Geld. Das hätte ich mir nie träumen lassen.
Jetzt sitzen die kleinsten schon vorm PC und ohne Internet kommt kaum noch ein Schüler der Grundschule aus. Das wird einfach vorausgesetzt, egal ob sich die Eltern das leisten können.
Renate


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RE: aus Weißwasser

#9 von Kerschtine2006 ( gelöscht ) , 30.05.2006 20:30

hallo lars ,

was ist heute in den betrieben anders ???
NICHT WIRKLICH VIEL !!!

ALSO ICH 1995 das erste mal in einen westbetrieb anfing stand ein schild :
QUALITÄT IST KEIN ZUFALLSPRODUKT !

ich fühlte mich wie hause im chemiefaserkombinat ....
und heute ist es doch auch nicht anders ....liegt eine audit an ...hörst du nur noch
" auf die bäume ihr affen der wald wird gefegt !!!

DAS IST EIN STÜCK REAL EXESTIERENDER KAPITALISMUS ....

was das schöne daran ist ...in meiner abteilung sind ziemlich viele ossis ...dazu russen ...gut ausgebildetet zuverlässige arbeitskräfte ...
bessere entwicklungshelfer hätten die garnicht finden können ....

also alles mit einen lachen sehen
grüße an alle aus ulm


Kerschtine2006

RE: aus Weißwasser

#10 von Kerschtine2006 ( gelöscht ) , 30.05.2006 20:33

ups ...daran sieht mann+ frau das ich neu bin und mit der technik kämpfe ..
.sorrrrrrrrry


Kerschtine2006
zuletzt bearbeitet 31.05.2006 10:15 | Top

RE: aus Weißwasser

#11 von Schmusekatze , 30.05.2006 21:10

Der Lars hat ausgelarst, und hat nicht zu uns gepaßt


 
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zuletzt bearbeitet 30.05.2006 | Top

   

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