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RE: NVA

#16 von queeny , 02.01.2011 23:09

Meinst Du im Ernst, dass hier in diesem Strang jemand schreibt, der vielleicht in Schwedt oder so einsaß, Mutterheimat? Und wenn es so jemanden gäbe, wie kann der das mit Strafen der Bundeswehr vergleichen können

Dann müsste der ja in der DDR gedient und bestraft worden sein und dann noch mal Bundeswehr und wieder Strafe. Irgendwie passt das nicht. Oder sehe ich das gaaaanz falsch?

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RE: NVA

#17 von Weilheimer , 03.01.2011 03:56

Der Militärknast in Schwedt muss schon recht heftig gewesen sein. Die Soldaten, die von dort kamen, haben geschwiegen und waren meist auch gebrochene Menschen. Mit der Bundeswehr lässt es sich in diesem Punkt mit nichts vergleichen. Ich weiß nicht mal ob es für Bundeswehrangehörige ein eigenes Strafrecht gab für die NVA galt ja das Militärstraf"recht".


Das niedrig gewachsene, schmalschultrige, breithüftige und kurzbeinige Geschlecht das Schöne zu nennen, konnte nur der vom Geschlechtstrieb umnebelte männliche Intellekt fertigbringen.


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RE: NVA

#18 von mutterheimat , 04.01.2011 13:27

Zitat von Weilheimer
Der Militärknast in Schwedt muss schon recht heftig gewesen sein. Die Soldaten, die von dort kamen, haben geschwiegen und waren meist auch gebrochene Menschen. Mit der Bundeswehr lässt es sich in diesem Punkt mit nichts vergleichen. Ich weiß nicht mal ob es für Bundeswehrangehörige ein eigenes Strafrecht gab für die NVA galt ja das Militärstraf"recht".


Und genau damit hat Weili recht, ich kannte einen Soldaten, welcher ein halbes Jahr diesen "Tanz" mitgemacht hat, (er war in der Truppe, in der auch ich war). Und nachdienen mußte. Die Knastzeit zählte nämlich nicht mit. Er erzählte nur wenig, fast nichts, von diesem Laden. Aber es reichte, was man sich daraus resultierend, denken konnte.

 
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RE: NVA

#19 von Weinböhlaer , 05.01.2011 21:15

Wie ich zur NVA kam.

Es war März 1959, ich war Jungfacharbeiter und hatte einen begehrten Arbeitsplatz
in in der Firma. Ich war in der Endmontage, mit Aussicht Monteur für Auslandsmontage zu werden.

Eine Stunde vor Arbeitsende wurde ich zu einem Gespräch in das Zimmer des Obermeisters gerufen.
Ich ahnte schon um was es da gehen würde, die Werber für die NVA waren wieder im Haus.
Es gab 1960 noch keine Wehrpflicht.

Bei mir sollten sie kein Glück haben, das hatte ich mir fest vorgenommen.
Die erste Frage war:...bist Du für den Frieden, ja wer ist denn nicht dafür.
Es folgte eine Feststellung von einem der 5 Leute im Raum:....dann willst Du sicher auch etwas dafür tun.
Ich will den ganzen Mist hier nicht alles wiederholen, es langweilt. Jedenfalls nach 4 1/2 Stunden hatte ich keine
Argumente mehr und unterschrieb.
Ich hatte damals eigentlich nur meine Faulheit als Argument, in dem Staat war ich aufgewachsen, zur Schule gegangen und hatte
eine gute Ausbildung bekommen.
Also ich unterschrieb für 2 Jahre NVA.

Da ich bei der GST im Segelflug war und auch schon zwei Sprünge vom Turm gemacht hatte fragte man mich während der Grundausbildung
ob ich zu den Fallschirmjägern möchte.
Da mir die Grundausbildung geistig öd war sagte ich sofort zu.

So kam ich nach Prora auf Rügen.
Die Truppe wurde neu aufgebaut. Der Sprungbetrieb wurde erst im September 1961 aufgenommen.
Wir bekamen da eine IL-14 und sonstige Ausrüstung von den Russen.
Bis dahin war fast nur Fitness angesagt, Kampfsport/Nahkampf - Tauchen/Sprengtauchen - Bergsteigen - Skifahren,
Funken ( Morse mit Taste ), Profiarbeit mit Karte u. Kompass.
Ich lernte alles fahren was militärisch bewegt werden musste und etwas mehr.
Ich wurde vom Rotzjungen zu Mann , das Selbstwertgefühl war auf Grund der unglaublichen
Fitness enorm gestiegen und es war immer interessant. Ich war jung und mir gefiel es.
Ich habe das 4 1/2 Jahre gemacht.

Es ist hier nur eine Feststellung wie ich meine NVA-Zeit erlebt habe, es war natürlich nichts für Warmduscher.
Ich möchte im Nachhinein auch nicht eine ideologisch Diskussion dazu, mir hat es nicht geschadet, bis heute nicht.



Jürgen


Jene, die ihre Schwerter zu Pflugschare schmiedeten,
pflügen nun für die, die ihre Schwerter behielten.

 
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RE: NVA

#20 von BesserWessi0815 , 05.01.2011 21:35

Hallo Jürgen,
Dein Bericht ist sehr interessant. Dankeschön dafür!

Hast Du während Deiner Zeit auf Rügen auch "Spatis aus Prora" kennengelernt?
Von denen hatte ich mal viel gelesen (außerhalb dieses Forums) und war ursprünglich von dem Gebäudekomplex "Prora" sehr beeindruckt.
Falls Du magst, kannst Du ja gerne zu den möglicherweise stattgefundenen Kontakten in o.g. Thread etwas schreiben.


...übrigens: 4einhalb Stunden standhaft geblieben zu sein, finde ich schon bemerkenswert! Die meisten hätten sicherlich früher beigegeben.

..."Der tut nix!"......"Der will nur spielen"... - Peng! -

 
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zuletzt bearbeitet 05.01.2011 | Top

RE: NVA

#21 von Weinböhlaer , 05.01.2011 21:43

Zu meiner Dienstzeit gab es noch keine Spatentruppe auf Prora.
Ich meine mal gehört zu haben, sie kamen so 1982.
Ich glaube das hing mit Mukran zusammen, so genau weiß ich das nicht.


Jürgen


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RE: NVA

#22 von Atze , 01.09.2011 17:11

Da waren wir ja im gleichen TT.
Ich kam damals in die 1. FJK (Grundausbildung), war dann im UAZ und dann in der 3. FJK. Allerdings erst in den 70-er Jahren.
Und, es ist richtig. Als das FJB 1982 nach Lehnin verlegte, zogen in diese (nördlichste) Kaserne, Spatensoldaten ein. Allerdings haben die die Ruinen nicht zur Ausbildung genutzt. Schade eigentlich War ne tolle Tummelwiese

Was Schwedt angeht.
In der DDR / NVA gab es innerhalb der Armee ein Strafverfolgungsorgan in Form der Militärstaatsanwaltschaft. So was gab und gibt es in der Bundeswehr nicht. Jede Militärstraftat die in der Bundeswehr geschieht, wird von zivilen Gerichten geahndet und wenn es zur Verurteilung kommt, gehen die Deliquenten, in einen zivilien Strafvollzug.
In der DDR wurden militärische und gesetzliche Verstöße von Soldaten aller Dienstgradgruppen (ich glaube bis Ofw.), die bis zu einem Jahr Strafvollzug zur Folge hatten, in der Militärstrafanstalt Schwedt abgesessen. Weicheier hatten es dort sehr schwer. Ein Regimentskommandeur konnte bei graviereden Verstößen bis zu 21 Tage Militärstrafanstalt als Strafe verhängen ohne das es eine Gerichtliche Verhandlung gegeben hat. Das war die Mindestzeit für den Aufenthalt in Schwedt und wie bereits gesagt 12 Monate das Maximum. Alles was darüber hinaus ging, wurde dann in einer JVA abgesessen.
Nach Schwedt ging man aber nicht, wenn man in der Kaserne Westfernsehen geschaut hat oder mal angetrunken war. Da mußten schon echte Brocken her, wie z.B unerlaubte Entfernung von der Truppe mit Waffe und Munition über mehrere Tage, tätlicher Angriff auf Vorgesetzte, schwerer Verstoß gegen die "Sozialistischen Beziehungen", schwere Körperverletzung und solche Dinger. Mir braucht keiner zu erzählen dass er in Schwedt eingesessen hat, weil er eine andere politische Meinung gehabt hat. Das sind Ammenmärchen.

Gruß

 
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RE: NVA

#23 von reporter , 01.09.2011 17:56

Wenn alles so korrekt gewesen wäre und eigentlich nur kriminelle Taten verfolgt wurden, warum haben die höheren NVA Chargen dafür gesorgt, daß so gut wie alle Unterlagen vernichtet wurden?

Selbst die Anzahl der Gefangenen ist unklar.

Zitat
"Es ging in der Hauptsache um typische Militärstraftaten wie unerlaubtes Entfernen von der Truppe oder Fahnenflucht. Aber es gab auch Verurteilungen wegen Körperverletzung, Vergewaltigung und Unfällen unter Alkoholeinfluss." In deutlich weniger Fällen hingegen seien politische Vergehen der Grund für die Haftstrafe gewesen. "Aber diese Urteile gab es natürlich auch", sagt Wenzke. "Staatsfeindliche Hetze, Herabwürdigung oder Befehlsverweigerung aus politischen Gründen lauteten da meist die Vorwürfe. Ich schätze, dass zwischen zehn und 25 Prozent der Strafgefangenen als politische Häftlinge anzusehen sind."



http://www.berlinonline.de/berliner-zeit...0002/index.html

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RE: NVA

#24 von Atze , 01.09.2011 18:17

Da siehst Du doch, wenn Du meinen Beitrag gelesen hast, dass der Mann keine Ahnung hat. Er schreibt, ein Regimentskommandeur durfte bis zwei Monate nach Schwedt schicken. Falsch - es waren 21 Tage also nicht mal ein Monat.

Ein Spatensoldat konnte gar nicht nach Schwedt geschickt werden.

Und ja, durch Spatensoldaten wurde ein Schießplatz errichtet. Da gibt es ein kleines Büchlein von einem Herrn Dr. Wagner drüber, der in Prora als Spatensoldat gedient hat.

Stell doch mal die Frage, was geschah mit einem Bürger der Bundesrepublik, der den Dienst mit der Waffe verweigert hätte? Eine Einrichtung wie "dienen als Spatensoldat", gab es in der Bundesrepublik nicht. Die Jungs gingen für 6 Monate in Haft. In der DDR hatten sie wenigstens die Wahl zum Spatensoldaten.

Und warum wurden die Unterlagen aller in Schwedt Eingesessenen gelöscht - kann ich Dir nicht beantworten. Ich hatte damit nichts zu tun. Eine Erklärung für mich wäre jedoch, dass man keinen ehemaligen Soldaten der NVA defamieren wollte, indem man die Akten dem neuen Staat einsichtig machte. So kann keiner mehr nachvollziehen warum ein Mann eingesessen hat. Ob er ein guter oder ein, sagen wir mal, undisziplinierter Soldat war.
Es wurde im Zuge der Wende viel vernichtet. Vielleicht sogar zu viel.

Gruß


Wenn man Dummheiten macht, sollen diese wenigstens gelingen.

Napoleon

 
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RE: NVA

#25 von Kehrwoche , 01.09.2011 18:52


Der Übergang vom Affen zum Menschen sind wir.
Konrad Lorenz

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RE: NVA

#26 von reporter , 01.09.2011 19:30

Zitat von Atze


Stell doch mal die Frage, was geschah mit einem Bürger der Bundesrepublik, der den Dienst mit der Waffe verweigert hätte?



Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland erhielt die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen 1949 erstmals den Rang eines Grundrechts, das sich aus der Glaubens- und Gewissensfreiheit ergibt. In der DDR gab es kein solches Recht.

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RE: NVA

#27 von Schlawine , 01.09.2011 20:28

In der Bundesrepublik gab es alternativ den Zivildienst. Krankenhäuser, Kinderheime, Altenheime usw. beklagen heute den Verlust ihrer Zivis.


Schlawine
--------------------------

„Nichts spornt mich mehr an als die drei Worte: Das geht nicht. Wenn ich das höre, tue ich alles, um das Unmögliche möglich zu machen.“
Harald Zindler, dt. Umweltaktivist, 1981 Mitbegründer Greenpeace Deutschland

 
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RE: NVA

#28 von altberlin ( gelöscht ) , 01.09.2011 20:36

Zitat von reporter

Zitat von Atze


Stell doch mal die Frage, was geschah mit einem Bürger der Bundesrepublik, der den Dienst mit der Waffe verweigert hätte?



Im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland erhielt die Kriegsdienstverweigerung aus Gewissensgründen 1949 erstmals den Rang eines Grundrechts, das sich aus der Glaubens- und Gewissensfreiheit ergibt. In der DDR gab es kein solches Recht.




Es gab sehr wohl ein Verweigerungsrecht, aber nur für "Kriegsdienst", nicht generell verweigern !
Wenn soziale Dienste nun auch noch möglich gewesen wären, fast perfekt.

Die heutige Mentälität: Ich mache gar nichts ! kann ich nicht akzeptieren, auch wen es GG-konform ist.
Ich kann nicht nur vom Staat fordern, und wenn ich es doch tue, muß ich auch Verbindlichkeiten haben.


.

http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=2585

altberlin

RE: NVA

#29 von joesachse , 01.09.2011 22:32

Zitat von altberlin

Es gab sehr wohl ein Verweigerungsrecht, aber nur für "Kriegsdienst", nicht generell verweigern !
Wenn soziale Dienste nun auch noch möglich gewesen wären, fast perfekt.


Was am Wehrdienst in der DDR und dem Verweigerungsrecht "fast perfekt" gewesen wäre, wenn es diese soziale Dienste gegeben hätte, erschließt sich mir nicht.


Zitat von altberlin
Die heutige Mentälität: Ich mache gar nichts ! kann ich nicht akzeptieren, auch wen es GG-konform ist.
Ich kann nicht nur vom Staat fordern, und wenn ich es doch tue, muß ich auch Verbindlichkeiten haben.


Muss ich auch Verbindlichkeiten haben, wenn ich nichts vom Staat fordere und erwarte

Trotz vieler Anekdoten war der Grundwehrdienst für mich schrecklich, 18 verlorene Monate, von Frau und Kind getrennt.

Gruß
JoeSachse


Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. (Goethe)

 
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RE: NVA

#30 von altberlin ( gelöscht ) , 02.09.2011 20:18

Manch junger Mann hat erst in den Monaten des Grundwehrdienstes gelernt, wie er "geradeaus zu laufen hat", sprich er hat gelernt, auch im Privaten eine gewisse Ordnung und Selbständigkeit an den Tag zu legen.
Über Sinn und Zweck im politischen Sinne müssen wir nicht diskutieren, auch ich war 18 Monate bei VEB Gleichschritt, in dieser Zeit insgesamt 7 x zu Hause, auch verheiratet, nur die Kinderlein stellten sich erst später ein (Planwirtschaft )
Gefallen habe ich an dieser Zeit nicht gefunden, aber wir haben das Beste daraus gemacht, und da wir an der Grenze nur eine kleine Einheit mit ca 70 Mann waren, war es fast wie in Familie. Wir haben uns das Zusammenleben so angenehm wie möglich gemacht, es gab keine Schikanen untereinander, reingeschmuggelter Alk wurde geteilt und gegen den Spieß, Spitzname Don Krawallo, wurde zusammengehalten. Die Kompanieführung ließ uns in Ruhe und so verging die Zeit trotz allem recht schnell.
In größeren Truppenteilen, etwa in Regimentern, war es sicher strenger.Da habe ich keine Ahnung.

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altberlin
zuletzt bearbeitet 02.09.2011 20:21 | Top

   

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