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RE: NVA

#31 von Kehrwoche , 02.09.2011 20:36

Zitat von altberlin
Manch junger Mann hat erst in den Monaten des Grundwehrdienstes gelernt, wie er "geradeaus zu laufen hat"

Stimmt, manch einer...!
Nach meiner Entlassung war ich endgültig ein Gegner des Systems. Gut "formen" lassen sich nur junge Menschen und labile, aber kaum einer mehr mit Mitte Zwanzig.
Die NVA-Zeit war das Perfideste, was ich erleben durfte in der DDR.

Zitat von altberlin

In größeren Truppenteilen, etwa in Regimentern, war es sicher strenger.Da habe ich keine Ahnung.

Sei froh!


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RE: NVA

#32 von altberlin ( gelöscht ) , 02.09.2011 20:39

Bin ich.

.

altberlin

RE: NVA

#33 von Atze , 04.09.2011 08:51

Lieber Kehrwoche,

es war nicht die Aufgabe der NVA, junge Männer zu formen, auch wenn man das heute in jeder Journalie nachlesen kann.

Aufgabe der NVA war es, im Bündnis mit den anderen Staaten des WV, Soldaten auszubilden, die dann in ihrer Funktion, militärische Aufgaben erfüllen können und (und da gebe ich Dir recht aber hat das was mit formen zu tun) im Falle einer bewaffneten Auseinandersetzung, diese Aufgaben auch für ihr Land erfüllen wollen. Ich denke es war eher Ausbilden und lehren.

An dieser Stelle brauchen wir, so glaube ich, nicht über die Verteidigungsnotwendigkeit zu diskutieren. Da hat sich im Laufe der Jahre vieles herausgestellt, was ich vor 21 Jahren auch ganz anders gesehen habe.

Aber ich las mal einen guten Satz (ich weiß leider nicht mehr von wem er stammt) "... ein Staat hat immer eine Armee. Ist es nicht seine Eigene, so ist es eine Fremde ...".
Nun könnte der eine oder andere ja sagen "... ja, wir hatten doch eine fremde Armee ..." und meint damit die Russen. Da hat er sogar recht. Immerhin standen auf dem Territorium der damaligen DDR 10 Motorisierte Schütendivisionen, 10 Panzerdivisionen, 1 Artilleriedivision, mehrere selbständige Brigaden und Regimenter, sowie die 16. Luftarmee der Russen. Das ist eine unvorstellbare große Streitmacht. Die NVA hatte dagegen in den Landstreitkräftenm nur 6 aktive Divisionen und 5 Mobilmachungsdivisionen, sowie zwei Luftverteidigungdivisionen bei den Fliegerkräften. Die drei Flottillien der Volksmarine, die kaum aus der Ostsee heraus gekommen wären ohne Hilfe der polnischen und baltischen Flotte, sind da kaum erwähnenswert obwohl es eine kleine, feine, gut ausgerüstete und ausgebildete Marine war. Aber es war eben doch eine eigene Armee, die es nicht gegeben hätte, wenn die Russen es nicht gewollt hätten. Es standen also eine eigene Armee und eine fremde in unserem Land. Und die fremde Armee haben die Deutschen sich selber eingebrockt.

Zurück zum Ausgang. Man sagt doch allgemein das ein Kind zwischen drei bis sechs Jahren seinen Charakter entwickelt hat. Also mit Beginn der Schulzeit sind schon fast alle Messen gesungen. So glaube ich, ist es falsch zu unterstellen, die NVA hatte vor, den "jungen" Soldaten umzukrempeln und aus ihm einen neuen Menschen zu machen.

Diese Wörter, die man aus dem deutschen Barras kennt "aus Schei...e Männer zu formen" oder "erstmal den Willen brechen und dann Soldaten daraus zu kneten" sind absoluter Unsinn und wenn überhaupt, hörte man solche Sätze nur von ausgesprochen dummen Vorgesetzten. Ich möchte da keinem zu nahe treten.

Fakt ist jedoch, dass in der NVA recht hart ausgebildet wurde und den Männern viel abverlangt wurde. Das auch viele Fehler gemacht wurden, wäre dumm zu bestreiten. Dazu zählt z.B. das hier erwähnte Thema der fehlenden "ortsnahen Einberufung". Was sich unsere Oberen dabei gedacht haben, entzieht sich völlig jedem Verständnisses. Der unwahrscheinlich hohe Grad der "ständigen Gefechtsbereitschaft" von 85 %, ist dem Trauma der Russen geschuldet, die völlig verschlafen, auf dem linken Bein erwischt wurden, im Sommer 41.

Das aber in der "heutigen" Zeit (und bis Ende 80-er Jahre natürlich auch), einem Kriege eine Spannungsperiode voraus geht, die x Wopchen beträgt (über die Länge der Spannungsperiode war man sich nie einig) wurde völlig ausgeblendet und die Leidtragenden, waren nicht nur die Soldaten im Grundwehrdienst sondern auch die Soldaten und Unteroffiziere die sich für drei oder mehr Jahre (Volksmarine) verprlichtet hatten aber auch die Offiziere, die ihren Dienst in Einheiten und Truppenteilen versahen. Während der Spannungsperiode, wäre kein Soldat und kein Stück Gefechtstechnik, mehr in der Kasernen gewesen, sondern hätte in Konzentrierungsräumen gelegen oder gar in den Deckungsabschnitten an der Staatsgrenze.

Als junger Leutnant hatte ich nicht mehr Urlaub oder Freizeit als meine Soldaten, als ich noch nicht am Standort eine Wohnung hatte. Eher im Gegenteil, weil die Aufgaben noch viel, viel umfangreicher waren, die ein junger Leutnant bis Hauptmann zu erfüllen hat, wenn er Zugführer, Kompaniechef oder im Bataillons- oder Regimentsstab seinen Aufgabe versieht, war die Freizeit noch geringer und der Urlaub entsprechend fast gleich. Natürlich hatte der berufsoldat (ich weiß es gar nicht mehr) 21 oder 27 Tage Urlaub im Jahr. Aber dafür war es ja auch sein Beruf.

Ein Wort noch zu den Soldaten der Grenztruppen der DDR und der Grenzbrigade der Volksmarine oder der Männer im Diensthabenden System der Luftverteidigung.
Diese hatten schon im Frieden eine richtige Gefechtsaufgabe, die die meisten dieser Männer, egal in welcher Dienststellung sie waren, mit überwiegender Mehrheit, in hervorragender Manier bewältigt haben, auch wenn diese Männer oftmals an den abgelegensten Orten der DDR und in kleinen Teams arbeiten mußten. Ich persönlich habe diesen Soldaten schon immer meinen ungeteilten Respekt gezollt. Hochachtung!

Gruß


Wenn man Dummheiten macht, sollen diese wenigstens gelingen.

Napoleon

 
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RE: NVA

#34 von michaka13 , 04.09.2011 09:07

Hallo Atze,

Deine Ausführungen in bezug auf die NVA finde ich sehr interessant. Ein paar Fragen habe ich jedoch noch.

Zitat
Ein Wort noch zu den Soldaten der Grenztruppen der DDR und der Grenzbrigade der Volksmarine oder der Männer im Diensthabenden System der Luftverteidigung.
Diese hatten schon im Frieden eine richtige Gefechtsaufgabe, die die meisten dieser Männer, egal in welcher Dienststellung sie waren, mit überwiegender Mehrheit, in hervorragender Manier bewältigt haben, auch wenn diese Männer oftmals an den abgelegensten Orten der DDR und in kleinen Teams arbeiten mußten. Ich persönlich habe diesen Soldaten schon immer meinen ungeteilten Respekt gezollt. Hochachtung!



Welche Gefechtsaufgabe hatten diese Soldaten in Friedenszeiten?

Wie ist zu verstehen, das eben diese Gefechtsaufgabe in hervorragender Manier bewältigt wurde?



Gruß, micha

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RE: NVA

#35 von Kehrwoche , 04.09.2011 09:17

@Atze, über "formen" solltest du dich mit altberlin unterhalten, er hat bei der NVA "geradeaus laufen" gelernt. In meinem Fall war der Zug da schon abgefahren.
Ansonsten liegt meine "Dienstzeit" schon zwei Dekaden zurück und wie joesachse schon schrieb, außer Anekdoten ist nicht viel hängen geblieben. Und ganz gleich, wie heroisch du diesen Haufen auch gefunden haben magst, die Zahl der Übernahmen in die Bundeswehr sprach eine andere Sprache. Zumindest in diesem Punkt bin ich hochzufrieden mit der sog. "Siegermentalität" der Nachwendezeit.


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RE: NVA

#36 von joesachse , 04.09.2011 09:37

Ich hatte das zweifelhafte Glück, nach meinem Studium zum Grundwehrdienst eingezogen zu werden. Die Wehrdienstleistenden waren alle in dem Alter von 23-25 Jahren, hatten zu großem Teil Familie, waren in ihren Beruf gestandene Leute. Und diese Menschen versuchte man zu funktionierenden Befehlsempfängern zu machen, die Vorgesetzten waren jünger und unreifer als die Soldaten. In der Truppe hatte hatte man das erkannt und hatte wenigstens noch einen wenn auch geringen Respekt vor den Wehrdienstleistenden. Ich war dann auch 6 Wochen auf einer U-Schule (Er gab nicht genug Uffze als Panzerkommandanten und Panzerfahrer, also hat man kurzerhand Soldaten im Schnelldurchgang ausgebildet). Wie die Leute dort versuchten, mit uns umzuspringen, war unterirdisch. Die hatten eben normalerweise Abiturienten vor sich, 18 oder 19 Jahre und das erste Mal von zu Hause weg, die müpften da nicht auf. Mit uns war es etwas anders, zwei Beispiele: Der Spieß für diesen Speziallehrgang, ein Fähnrich, stellte sich vor die Ausbildungskompanie und kritisierte die Ordnung in den Stuben. Als das niemanden wirklich zu interessieren schien, begann er, die Soldaten zu beschimpfen mit Dreckschweine u.ä. In der hintersten Reihe fing ein Soldat an zu lachen und binnen weniger Sekunden wurde dieser Typ von 100 Soldaten ausgelacht. Er war so perplex, dass ihm dazu nichts einfiel und er nie wieder vor dieser Truppe gesehen wurde. Oder als wir bei Regenwetter in Trainingsanzug und Stiefeln auf dem Weg zu den Duschräumen von zwei Feldwebeln angebrüllt wurden, wieso wir nicht grüßten (war in der Truppe eher unüblich, da wurde so ab Fähnrich aufwärts gegrüßt) und wie wir uns erlauben konnten, in dieser Kleiderordnung durchs Gelände zu laufen. Meine Antwort war kurz und sachlich: "Wir grüßen nicht jeden und wollen uns bei dem Mistwetter keine nassen Füße holen." Auch denen ist erst mal der Mund offen stehen geblieben, denn so was hatten sie wahrscheinlich in ihrer Zeit an dieser Uschule noch nicht erlebt. Dann wollten Sie ausrasten und brüllten was von Name, Dienstgrad, Einheit. Dies veranlasste uns, den Typen mitzuteilen, dass wir wegen des Regenwetters keine Lust auf ein Gespräch hätten und jetzt duschen gehen würden. Dann haben wir die stehen gelassen und musste unter der Dusche noch heftig über diese Komiker lachen. Eigentlich war dies aber eher schlimm, denn wie hier mit jungen Menschen umgesprungen wurde, war menschenverachtend. In einer Diskussion mit dem Politoffizier des Bataillions sagte ich diesem einmal, dass ich den Grundwehrdiennst nach den Strafvollzug als inhumanste Einrichtung in der DDR sehen würde, er hatte kein wirkliches Argument dagegen. Allein die monatelange Trennung der Väter von ihren jungen Familien war für mich schlimm.

Und noch eine letzte Anmerkung: Natürlich war es die Aufgabe, junge Männer zu formen, aus diesen jungen Männern funktionierende Soldaten zu machen, die als Befehlsempfänger widerspruchslos ihre Aufgaben in der Armee erledigten. Dies war ja auch das, was später in der Gesellschaft gewünscht wurde.

Viele Grüße
JoeSachse


Das Leben ist viel zu kurz, um schlechten Wein zu trinken. (Goethe)

 
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RE: NVA

#37 von reporter , 04.09.2011 10:10

Zitat von michaka13
Hallo Atze,

Deine Ausführungen in bezug auf die NVA finde ich sehr interessant. Ein paar Fragen habe ich jedoch noch.

Zitat
Ein Wort noch zu den Soldaten der Grenztruppen der DDR und der Grenzbrigade der Volksmarine oder der Männer im Diensthabenden System der Luftverteidigung.
Diese hatten schon im Frieden eine richtige Gefechtsaufgabe, die die meisten dieser Männer, egal in welcher Dienststellung sie waren, mit überwiegender Mehrheit, in hervorragender Manier bewältigt haben, auch wenn diese Männer oftmals an den abgelegensten Orten der DDR und in kleinen Teams arbeiten mußten. Ich persönlich habe diesen Soldaten schon immer meinen ungeteilten Respekt gezollt. Hochachtung!



Welche Gefechtsaufgabe hatten diese Soldaten in Friedenszeiten?

Wie ist zu verstehen, das eben diese Gefechtsaufgabe in hervorragender Manier bewältigt wurde?



Gruß, micha




Soweit ich das erkennen kann, war es die einzige Aufgabe dieser Truppen, die Flucht von eigenen 'Bürgern', die dem SED-Staat zu entkommen versuchten, wenn nötig, auch mit Liquidation zu verhindern. Bekanntlich war der SED-Staat nur mit Einsatz von Mitteln des Kriegsrechts an der Zonengrenze überlebensfähig.

Interessant ist, daß man heutzutage diese Tätigkeit im SED-Jargon mit derartigen euphemistischen Forumulierungen zu verbrämen sucht.

Und die NVA war nicht eine besonders edler Laden, er stand der Stasi nicht nach. NVA-Streletz log noch 1996 im Politbüroprozeß, daß sich die Balken bogen, es habe keinen Schießbefehl gegeben.

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9089113.html

PS:
Zu NVA-Streletz ist in Wikipedia zu lesen:

Zitat
Streletz wurde vom Landgericht Berlin als Mitverantwortlicher des Grenzregimes an der Berliner Mauer in den Mauerschützenprozessen des Totschlags und versuchten Totschlags schuldig befunden und zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Der Revision des Urteils vor dem Bundesgerichtshof wurde nicht stattgegeben, ebenso wenig der Beschwerde vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.


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RE: NVA

#38 von altberlin ( gelöscht ) , 04.09.2011 14:41

Zitat von Kehrwoche
@Atze, über "formen" solltest du dich mit altberlin unterhalten, er hat bei der NVA "geradeaus laufen" gelernt.



Du brauchst nicht solchen Unsinn formulieren, ich habe von einigen jungen Männern gesprochen, nicht von mir. Lesen wirst du doch wohl noch können. Und solche Typen gibt es heute ganz besonders, wissen nicht, wie ein Besen aussieht, kennen kein Bügeleisen und Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit sind Fremdworte.
Wie viele leben ewig im Hotel Mama, aus Bequemlichkeit, oder hausen allein, die Betonung liegt auf hausen, denn leben kann man das, was ich als Handwerker da schon gesehen habe, nicht nennen.

Im Vergleich zur NVA ist die BW doch ein Lachkabinett, Montag früh ist Dienstbeginn, Freitag mittag ist die Woche zu Ende, ab nach Hause. Und täglich pünktlich Dienstschluß und dann Hollyday. Wir wären froh gewesen, wenn wir davon 25 % gehabt hätten. Aber trotzdem hat die Armee aus so manchem weinerlichen Muttersöhnchen dann doch einen Kerl gemacht.


PS. Ich war nur Gefreiter der Reserve, also bitte nicht mit einem Leutnant auf eine Stufe stellen, ich glaube, wir hatten, zumindest während der Dienstzeit, völlig unterschiedliche Einstellung zu der ganzen Sache. Ich mußte dorthin, er war es freiwillig !




.


altberlin
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RE: NVA

#39 von Kehrwoche , 04.09.2011 15:54

Und ich hätte schwören können, du meintest auch dich...

@altberlin, wo hast du denn dann geradeaus marschieren gelernt, wenn nicht bei der Armee? Ich wage garnicht dran zu denken...
Wie auch immer, es muß ein Gleichschritt gewesen sein, denn wenn du alleine laufen könntest, würdest du die heutige Zeit, wo man sich um jeden Schei@ selber kümmern muß, weit besser finden als die damalige, wo man nur von anderen Vorverdautes vorgesetzt bekam.

Also, sei einmal ehrlich, wo war es? Und nenn jetzt nicht "das Leben" oder so.


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zuletzt bearbeitet 04.09.2011 | Top

RE: NVA

#40 von altberlin ( gelöscht ) , 04.09.2011 16:46

Kehrwoche, ich habe nie behauptet, früher wäre alles besser gewesen, aber heute ist eben auch nicht alles Gold, was glänzt.
Im übrigen war ich schon recht zeitig in der Lage, eigenständig zu handeln, mit 19 habe ich bereits mein Elternhaus verlassen. Nicht, weil es nicht erträglich und bequem gewesen war, nein, ich wollte mein eigenes Ding machen.
Und noch eins : Ich kann geradeaus LAUFEN, nicht MARSCHIEREN. Das ist ein gewaltiger Unterschied. Angepaßt im Sinne von "Gehirn aus, laß Andere denken" war ich nie. Ich habe mich in der DDR schon auch gegen Ämter und Behörden durchgesetzt, und habe so auch einiges erreicht.

altberlin

RE: NVA

#41 von Kehrwoche , 04.09.2011 16:49

Ist schon OK @altberlin, es war nur scherzhaft gemeint.


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RE: NVA

#42 von altberlin ( gelöscht ) , 04.09.2011 17:12

Zitat von Kehrwoche
Ist schon OK @altberlin, es war nur scherzhaft gemeint.



Dein Glück, sonst muß ich zum IM werden


.

altberlin

RE: NVA

#43 von Atze , 04.09.2011 18:01

Das auf meinen letzten Satz über die Grenzer angesprungen wird, ahnte ich.

@ joesachse
Ich vermute mal ganz kühn, dass Du in der 9. PD gedient hast. Von da hörte man öfter mal so ne Geschichten, wie Du sie geschrieben hast. Ob Sie so oder anders gewesen sind, weist natürlich nur Du aber ich glaube Dir. Leider kamen solche Dinge vor, sind aber aus meiner Sicht nicht verallgemeinerungswürdig für die NVA und ich habe in mehreren TT gedient, war auch Soldat und Uffz-Schüler (allerdings nicht an einer Schule sondern im Truppenteil) bevor ich an die Offizierschule gegangen bin. Bei den Fallschirmjägern wurde in einem 10 monatigen Kurs, in einem selbständigen Zug, der Unteroffiziersnachwuchs heran gebildet.

Gerade junge, unfertige Menschen als Vorgesetzte von gestandenen Männern, birgt immer ein Problem.

Leider war die Stellung des Berufsunteroffizierkorps in der NVA nicht die, die dieses Korps der Portepeeträger in allen sonstigen deutschen Armeen einnahm.
Man nannt diese Charge von erfahrenen Unterführern früher nicht umsonst, das "Rückrat der Armee". Verfehlte Kaderpolitik, ungenügende Ausbildung des Unteroffizierskorps aber auch zu wenig Anerkennung für die Männer, die sich für 10 Jahre als Unteroffizier verpflichtet hatten, war daran Schuld. Erst wenn diese Männer, die meistens nur 6 Monate U-Schule absolviert hatten, lang genug bei Truppe waren und meistens dann auch schon Spezialisten waren, wurden sie für voll genommen. Und da es eben so war, so meine bescheidene Meinung, übernahmen (mußten übernehmen) die jungen Leutnante viele Aufgaben, die z.B. in der Bundeswehr oder anderen deutschen Armeen, die Portepeeträger, mit Erfahrung und oft auch pädagogischer Klugheit (Ausnahmen bestätigen auch da die Regel) zu ihren Aufgaben zählten. Auch deshalb gab es im Verhältnis gesehen, zu viele Offiziere in den unteren Dienststellungen.

@all

Die Grenzsoldaten der DDR werden heute auf das Töten von Grenzverletzern / Republiksflüchtigen reduziert. Das ist typisch für Menschen, die sich leider einseitig informieren oder eben kaum über das wirklich gewesene nach denken, ist meine Meinung.
Mal davon abgesehen, dass die Grenzsoldaten an der sensibelsten Grenze in Europa ihren Dienst taten, nicht nur der Grenze zwischen der DDR und der Bundesrepublik, sondern der Grenze zweier sich gegenüber stehender Militärblöcke, die sich weiß Gott gerne gegenseitig an die Kehle gegangen wären.

Aufgabe der Grenzer war es, die Unverletzlichkeit dieser Grenze zu garantieren. Und wer sich da der Grenze nähert und diese überschreiten will, stellte sich bei den Grenzern nicht erst vor. Nach DDR-Recht, war das illegale Überschreiten dieser Grenze eine Straftat, so wie es wohl bei allen Grenzen dieser Welt ist. Und weil die Grenze eben so sensibel war und unterschiedliche Welten trennte, wurde sie halt sehr scharf bewacht. Anders z.B. als die Grenze zu Polen oder zur CSSR.
Wer da nun durch den nächtlich Wald schleicht, oder einen Grenzfluss durchschwimmt, war dem Soldaten nicht klar außer, dass es eben ein Mensch ist. Aber was führt der im Schilde oder was hat er in seinem Kopfe, was gegen die DDR zu verwenden ist, wußte der Grenzer nicht. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass jeder Grenzsoldat der DDR, der die Waffe gegen einen Menschen richtete, dies mit äußerst ungutem Gefühl tat und das dessen Hand zitterte wie Espenlaub. Insofern sollte jeder wehrpflichtige Bürger der DDR froh darüber sein, dass er zur NVA gezogen wurde und niemals in diese Situation kommen konnte auf Menschen zu schießen. Diese moralische Angst zu überwinden, auf einen Menschen zu schießen und dann dann damit weiter zu leben, erfordert meine Hochachtung auch wenn ich mir heute wünschen würde, dass diese Männer daneben geschossen hätten. Andererseits haben sie einen Befehl im Vergatterungsverhältnis erfüllt, so wie es der Grenzer an der Mexikanischen Grenze auch tut oder der Israeli oder der Koreaner.

Bitte nicht falsch verstehen. Es ist äußerst bedauerlich und schrecklich, dass an dieser Grenze Menschen ums Leben gekommen sind. Jeder Einzelne, ist einer zu viel. Andererseits wußte jeder dieser Bürger oder auch Mensch der nicht Bürger der DDR war, was ihm passieren kann, wenn er den versuch unternimmt.
Die Grenze wurde aber zu beiden Seiten hin gesichert und aufgeklärt, so dass es dem damaligen Gegenüber eben nicht gelingen konnte, auf das Territorium der DDR vorzudringen.

Ein Wort noch zu dem so genannten Schießbefehl.
Bisher hat die Presse und alle Untersuchungen einen Befehl wo "Schießbefehl" drüber stand, nicht finden können. Aber es ist ein so schön gruseliges Wort, der "Schießbefehl".
In der DDR gab es und das gibt es in allen souveränen Staaten dieser Welt, die bewaffnete Kräfte untehalten, eine "Schusswaffenanwendungsordnung".
Da ich in meiner letzte Dienststellung in der NVA sehr oft damit zu tun hatte, werde ich im Anschluss noch was dazu schreiben.

An der Grenze galt das gleiche System der Anwendung der Schusswaffe, wie sie bei der Bewachung einer Kasernenanlage galt. Durch die Vergatterung (das bedeutet, dass die Soldaten für die Zeit der Vergatterung, einem bestimmten Vorgesetzten unterstellt werden, besondere Pflichten aber auch Rechte besitzen) wurden die vergatterten Soldaten aus dem sonstigen Personalbestand herausgehoben und hatten eine Aufgabe (Gefechtsaufgabe) zu erfüllen. Wenn nun an der Grenze eine oder mehrere Personen, entsprechend der Schusswaffenanwendungsordnung nicht zu stellen waren, sie also den Aufforderungen der Soldaten in diesem besonderen, zeitweiligen Dienstverhältnis nicht nach kamen, war das letzte Mittel der Gewaltanwendung, der Einsatz der Schusswaffe.

Und nun ein paar Worte zur "Schusswaffenanwendungsordnung" der DDR (nicht der NVA oder Grnzer sondern der DDR), der auch die Grenzsoldaten unterlagen.
(aus dem Kopf)

- Die Anwendung der Schusswaffe, ist das letzte und höchste Mittel Mittel der Gewaltanwendung.
+ bedeutet, dass vorher angerufen worden sein muss und auch mindestens ein Warnschuss abzufeuern ist, bevor die Schusswaffe angewendet werden darf,
wenn alle anderen Mittel der Gewaltanwendung fehl geschlagen sind oder deren Anwendung nicht möglich ist

- Bei Anwendung der Schusswaffe ist möglichst auf Extrimitäten zu schießen
+ in wie weit das durchsetzbar war, entzieht sich völlig meiner Kenntnis

- Die Schusswaffe ist nicht anzuwenden, wenn die Person, gegen die die Schusswaffe angewendet werden soll, augenscheinlich das 14 Lebensjahr nicht überschriitten hat bzw. augenscheinlich in anderen Umständen ist.

- Die Schusswaffe ist nicht anzuwenden, wenn durch ihre Anwendung dritte Personen geschädigt werden können
+ bedeutet, wenn kein freies Schussfeld ist und unbeteilgte Personen verletzt oder gar getötet werden können.

Das ist ein Teil des "Schießbefehls".
Den aber findet man ganz sicher auch in heutigen Polizeihandbüchern oder anderer besonderer Literatur, Dienstanweisungen oder was weiß ich wo. Jetzt werden sich einige die Finger wund schreiben. Aber es gab keinen Befehl, auf Grenzverletzer zu schießen, wenn man dieser anders habhaft werden konnte. Aber da die DDR nun mal ein "diktatorischer", komunistischer Staat war, muss das "Schießbefehl" heißen. Das ist die Wahrheit wie ich sie kenne aber ich werde das hier, mit meinen paar Zeilen, in den Köpfen vieler Leser nicht ändern können.

Meine Erklärungen sollen nicht beschönigen, dass an den Grenzübergangsstellen oftmals durch die dort tätigen Grenzorgane (die oft genug von einer anderen Feldpostnummer kamen) Willkür, durchaus vor kam.

Gruß


Wenn man Dummheiten macht, sollen diese wenigstens gelingen.

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RE: NVA

#44 von Schlawine , 04.09.2011 18:28

Zitat von Atze

Die Grenze wurde aber zu beiden Seiten hin gesichert und aufgeklärt, so dass es dem damaligen Gegenüber eben nicht gelingen konnte, auf das Territorium der DDR vorzudringen.
Gruß


-----------

Das damalige Gegenüber hatte legale Möglichkeiten auf das Territorium der DDR vorzudringen und musste sich dafür nicht in Lebensgefahr begeben.
Andersherum sah das vor Eintritt des Rentenalters schlecht aus.

Ich verurteile keinen der jungen Grenzsoldaten die dort in einer sehr schwer einschätzbaren, unsicheren Lage ihren Dienst taten aber es gibt für mich keine Entschuldigung für die, die für den Schießbefehl die Verantwortung trugen.
Erklärungen gibt es dafür viele aber Entschuldigungen keine !


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Harald Zindler, dt. Umweltaktivist, 1981 Mitbegründer Greenpeace Deutschland

 
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RE: NVA

#45 von peppe , 04.09.2011 19:23

Atze; Wenn ich mal ganz dreist fragen darf; Werden dir Deine Dienstjahre bei der NVA 1:1 wie bei einen von der Bundeswehr angerechnet oder hast Du da Abstriche?! Was hat man den eigentlich damals so bei Deiner Laufbahn verdient in der DDR?! Wäre mal noch intressant für mich und glaub auch der eine oder andere hier!!!



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