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RE: Gegen die Verklärung

#61 von stasigegner ( gelöscht ) , 09.01.2013 09:37

Was spielt denn Kinkel für eine "herausragende" Rolle mit seinen Bemerkungen?

stasigegner

RE: Gegen die Verklärung

#62 von cilli , 09.01.2013 09:51

Dass der Westen ein Interesse daran hatte, dass alles so bleibt, ist haltloses Gerede. Richtig ist, daß das SED-Regime dieses Interesse hatte und daß die Mauer noch hundert Jahre hätte stehen bleiben sollen.

Richtig ist, daß die deutsche Regierung alles erdenkliche tat, um auch im Interesse der Eingeschlossenen in der SBZ/DDR die Folgen der Teilung erträglicher zu machen. Sogar gegen alle Bedenken hat Kanzler Kohl SED-Chef Honecker in Bonn mit allen Ehren empfangen, aber dort hat Kohl unmißverständlich zu verstehen gegeben, dass er auf einen Zustand hinarbeitet, um der Präambel des Grundgesetzes nach einer Vereinigung in freier Selbstbestimmung gerecht zu werden.

Was hätte denn die Bundesregierung mehr machen sollen? Sie hat politische Gefangene zum Stückpreis 100000 DM dem SED-Staat abgekauft, sie hat Autobahnen nach Berlin finanziert, sie hat im innerdeutschen Handel großzügig einen kostenlosen Überziehungskredit finanziert, sie hat sehr zun Verdruß auch befreundeter Länder dem SED-Staat den zollfreien Zugang im EU Raum verschafft. Es ist ja der Bundesregierung sogar aus östlichen Dissidentenkreisen schon vorgeworfen worden, daß sie mit Milliardenkrediten die Agonie des SED-Staats unnötig verlängert hat.

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RE: Gegen die Verklärung

#63 von Smithie23 , 09.01.2013 10:03

Zitat von cilli im Beitrag #62
Es ist ja der Bundesregierung sogar aus östlichen Dissidentenkreisen schon vorgeworfen worden, daß sie mit Milliardenkrediten die Agonie des SED-Staats unnötig verlängert hat.


Tja, wie man es macht, macht man es falsch. Entweder: "früher war alles besser vor 1989" oder "BRD hat die DDR länger überleben lassen" ...

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RE: Gegen die Verklärung

#64 von Buhli , 09.01.2013 10:25

Cilli, das ist alles schon längst widerlegt. Es braucht nur noch etwas Zeit, bis unsere linientreuen Medien auf diesen Zug aufspringen. Die ersten Beiträge sind ja schon erschienen. In diversen Büchern sind die Fakten aufgelistet. Hier im Forum steht schon reichlich geschrieben. Hinweise zu einschlägiger Literatur sind da auch reichlich zu finden. Allerdings kann man nur schwer gegen Esoteriker, die bestehende Fakten ignorieren, an. Wäre unsere Presse wirklich so frei wie mancher User glaubt, dann würde sie auch dieses Thema so ausführlich behandeln wie das Thema Wulff. Die gemeinsame Geschichte lässt sich nun mal nicht richtig aufarbeiten, wenn der Einblick sich auf Stasiackten beschränkt. Die beiden Länder haben enger zusammengearbetet als es die Klischeedenker wahr haben wollen. Bei der Offenleging dieser Fakten fällt mir immer wieder Egon Bahr auf. Ob in Fernsehsendungen oder Büchern. Er spricht immer mal wieder von den nicht gerade tollen Motiven, die die Bundesregierungen zu ihrem damaligen Handeln bewegten. Er hat auch Lektüre "beglaubigt" die sich mit diesem Thema auseinander setzt. Mir fällt da www.daniela-dahn.de mit "Wehe dem Sieger-Ohne Osten kein Westen" ein. Dieses Büchlein hat es in sich. Der Inhalt trägt ganz gut gegen die Verklärung bei.


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RE: Gegen die Verklärung

#65 von cilli , 09.01.2013 11:46

Zitat von Buhli im Beitrag #64
Cilli, das ist alles schon längst widerlegt.


Dein Hinweis allein ist etwas unzureichend, zunächst bleibt offen, was denn alles widerlegt ist. Da hilft auch dein Hinweis auf die "Apologetin des SED-Staats" Daniel Dahn nicht weiter. Der Beitrag von Dr. Bilke aus einem Diskussionsforum ist da erhellender, wenn er meint

Zitat
Um das aufgeschönte DDR-Bild von der „kommoden Diktatur“ (Günter Grass) zu retten, arbeitet sie (Daniela Dahn) mit Weglassungen und Umdeutungen.



http://f3.webmart.de/f.cfm?id=2165073&r=...&t=3534955&pg=1

Besonders deiner Aufmerksamkeit empfehlen möchte ich unter gleichem Link einen Eintrag von Vera Lengsfeld, verheiratete Wollenberger, die in den Stasi-Akten feststellen mußte, daß sie jahrelang von ihrem Ehemann Knut Wollenberger alias IM Donald bespitzelt wurde. Frau Wollenberger macht dort auch zu dem 'fortschrittlichen DDR Gesundheitssystem' einige Ausführungen und hat wohl seinerzeit noch nicht Kenntnis darüber gehabt, daß das Regime wegen des Fehlens von Mullbinden und anderem medizinischen Grundversorgungsmaterial nicht nur seine Untertanen gegen Westbares verhökert hat, sondern auch wehrlose und zum Teil sterbenskranke Patienten in den staatlichen Krankenhäusern ohne ihr Wissen oder gar Einverständnis als Versuchskaninchen gegen Westbares den Versuchsprogrammen von westlichen Pharma-Konzernen zuführte.


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RE: Gegen die Verklärung

#66 von Hansrudi , 09.01.2013 11:57

Ach was , und der derzeitige Organspendeskandal in Deutschland ist aus reiner Nächstenliebe heraus , entstanden ???

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RE: Gegen die Verklärung

#67 von cilli , 09.01.2013 12:09

Zitat von Hansrudi im Beitrag #66
Ach was , und der derzeitige Organspendeskandal in Deutschland ist aus reiner Nächstenliebe heraus , entstanden ???


Keine Frage, ist auch schlimm. Aber steht immerhin in der Zeitung, wird ausführlich im Fernsehen behandelt, und damit bleibt Hoffnung, daß sich was ändert. In der DDR, hätte es jemand gewagt, auch nur ein Sterbenswörtchen zu sagen, hätte er unverzüglich Besuch bekommen von mindestens zwei Herren im Präsent20 Anzug, allerdings nur, wenn er es vor kleinem Publikum sagte, ansonsten Einweisung in den nächsten Stasi-Bezirksknast und die Unterdrückermaschine wäre losgerattert.


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RE: Gegen die Verklärung

#68 von Hansrudi , 09.01.2013 12:27

Nun die Maschine West funktioniert etwas anders . Job weg , Frau , Kinder weg , Geld weg , Freunde weg und man fällt wie eine heiße Kartoffel runter und dafür erwartet man dann auch noch Verständnis von Betroffenen .

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RE: Gegen die Verklärung

#69 von Buhli , 09.01.2013 12:30

Hat das pharmazeutische Testprogramm damals in der ach so freien Westpresse gestanden? Sicher nicht. Es ging ja um Millionen Gewinne, und nicht um humanitäre Gründe. Wo ist zu lesen mit welchen Schurkenstaaten die Pharmalobby mit staatlichem Wissen, heute testet? Da sind sicher die Schurkenstaaten die Verbrecher.
Den Egon Bahr zieh ich mir dem Dr. Bilke allemal vor. Bahr hat wesentlich mehr Einblicke als dieser vermeintliche Experte. Unabhängig von Frau Dahn. Auch mit dem Kabarettisten Ensikat, hat er ein Klasse Buch gebracht. Lass nicht immer urteilen. Lies selbst.


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RE: Gegen die Verklärung

#70 von cilli , 09.01.2013 12:45

Zitat von Hansrudi im Beitrag #68
Nun die Maschine West funktioniert etwas anders . Job weg , Frau , Kinder weg , Geld weg


Das Leben ist kein Ponnyhof. Wie es im Sozialismus weitergegangen wäre, kannst du ja heute nur noch so richtig in zwei Ländern sehen. Und die Polen und Tschechen jammern mindestens nur halb soviel, kein Wunder, sie haben ja auch nur halb soviel.

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RE: Gegen die Verklärung

#71 von Buhli , 09.01.2013 13:08

Die sind ja auch nicht im entmündigten Zustand gehalten worden. Die können ihre Vergangenheit wenigstens selbst aufarbeiten.


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RE: Gegen die Verklärung

#72 von cilli , 09.01.2013 13:23

Zitat von Buhli im Beitrag #69
Hat das pharmazeutische Testprogramm damals in der ach so freien Westpresse gestanden?


Es wurden (und werden) sogar in Inseraten in normalen Tagesszeitungen gegen Honorar Probanten für die Durchführung 'Klinischer Tests' gesucht. Denn es gibt ein Arzneimittelgesetz, wo die Zulassung von Präparaten an die Durchführung klinischer Tests gebunden ist. Also insoweit kein Geheimnis.

Die Ostprobanten wußten garnicht, daß sie an einem klinischen Test beteiligt sind. Der SED-Staat ergaunerte sich auf ihre Kosten Devisen. Und dies war nur möglich unter den Bedingungen des allgegenwärtigen Schnüffelstaates. Die westlichen Pharma-Konzerne haben gern den Billigen Jakob der staatlichen, daß heißt stark SED-gesteuerten Krankenhäuser in Anspruch genommen haben, ohne genau hinzusehen, wie dies mit den Probanten, die man hier als Opfer bezeichnen muß, kommuniziert wurde. Die konfessionellen Krankenhäuser in der DDR waren an den Versuchen nicht beteiligt, da wäre es mit dem SED-mäßigen 'Durchstellen' nicht so einfach gewesen. Darum auch hier, Ursache und Wirkung nicht verwechseln.


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RE: Gegen die Verklärung

#73 von Buhli , 09.01.2013 13:32

Ein Arzneimittelgesetz hat es wohl damals nicht gegeben? Gibt es diese Anzeigen erst seit es die DDR nicht mehr gibt? Oder hast Du ne andere Erklärung für die heimlichen Tests?


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RE: Gegen die Verklärung

#74 von cilli , 09.01.2013 16:18

Zitat von Buhli im Beitrag #73
Ein Arzneimittelgesetz hat es wohl damals nicht gegeben? Gibt es diese Anzeigen erst seit es die DDR nicht mehr gibt? Oder hast Du ne andere Erklärung für die heimlichen Tests?


Ein Arzneimittelgesetz hat es in der DDR wohl auch gegeben. Doch was besagt das schon?

Zeitungsanzeigen, wo Probanden für bestimmte klinische Erprobungen gesucht werden, gibt es heute noch.

Wie der Ost-Pharma-Deal zustande kam, ist einem Spiegel Artikel zu entnehmen. Eine SED-Führungsrunde heckte 1983 den Plan aus, dabei auch Stasi-Goldkowski.

Deine Frage, warum es heimlich war, hört sich merkwürdig an. Was war denn nicht heimlich, etwa beim Häftlingshandel oder bei dem Einsatz der Zwangsarbeiter für Ikea? So natürlich auch der "Pharmastrich", er wurde von einem "Beratungsbüro für Arzneimittel und medizintechnische Erzeugnisse" in Ostberlin gesteuert, welches dem DDR-Gesundheitsministerium unterstand.

Zitat
Die Freier aus dem Westen standen vor den Ost-Kliniken Schlange. "Unsere Krankenhäuser", erinnert sich Helmut Koch vom DDR-Arzneimittelinstitut, "waren ständig überbucht." Gespritzt und geschluckt wurde, was die Forschungslabors der West-Konzerne hergaben: Betablocker, Antidepressiva, Zytostatika und schließlich auch Wirkstoffe aus den Genlabors.



http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13487494.html


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RE: Gegen die Verklärung

#75 von stasigegner ( gelöscht ) , 09.01.2013 16:38

Zitat von Buhli im Beitrag #71
Die sind ja auch nicht im entmündigten Zustand gehalten worden. Die können ihre Vergangenheit wenigstens selbst aufarbeiten.


Wer arbeitet denn unsere Vergangenheit auf? Die bundesdeutsche "linientreue" Presse? Welche denn von FAZ bis TAZ von Spiegel bis Konkret von Flensburger Tageblatt bis ND ?


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