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Was ist ein lebenswertes Leben?

#1 von mutterheimat , 06.12.2013 19:05

Ich will mal ein extrem kontovers zu diskutierendes Thema aufwerfen. Wann ist das Leben noch als solches zu bezeichnen? Wenn man nur mit harten medizinischen Drogen den Schmerz erträgt? Oder wenn man ständig an einer Maschine hängt, damit man weiteratmet. Ist es als lebenswert zu bezeichnen, wenn bereits zu Kindheits-Zeiten der "Zug" drausen ist, bzw. überhaupt gar nicht "hereinkommt"? Ist in solchen Fällen ein "Ende" (machen) nicht ratsamer und auch besser? Was ist zu tun, wenn ein Drogenabhäniger, mehrfach, rückfällig wird? Der goldene Schuß wartet nur auf seinen Zeitpunkt. Vorhanden ist er bereits. Sind also ALLE lebenserhaltenden Maßnahmen sinnvoll/sinnvoll einzusetzen? Es gibt doch reichlich Leute, welche lieber das zeitliche segnen wollen, als permanent herumzuliegen und ständig auf Hilfe von außen angewiesen zu sein. Warum sollte man das nicht respektieren und den Feierabend-"Trank" zur Seite stellen. Bin gespannt auf eine rege Diskussion, aus medizinischer/Altenplege und allgemeiner Sicht.

 
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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#2 von Smithie23 , 06.12.2013 22:33

Ich finde es irgendwie unmenschlich und egoistisch, einen Menschen, der wegen des Schmerzes und der Qualen nichtmehr leben will, gegen seinen Willen am Leben zu erhalten. Klingt krass, ist aber so. Niemand weiss genau, wieviel ein Mensch spürt oder mitbekommt. Stell dir vor, du erträgst unendliche Schmerzen, kannst es aber nicht nach Außen tragen. Die Vorstellung, da liegt ein Mensch regungslos, aber verspürt in seinem Inneren extremen Schmerz und kann nichtmal Schreien oder sich mitteilen, wäre mir zutiefst unangenehm. Ein Mensch sollte für sich selbst entscheiden, was besser für ihn ist. Und man braucht mir als Atheisten nicht mit irgendwelcher religiösen Dogmen zu kommen. Schließlich hat die Kirche vor Jahrhunderten ne Menge Methoden entwickelt, um einen Menschen lange, qualvolle Schmerzen zu bereiten.

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#3 von joesachse , 07.12.2013 00:25

Zitat von Smithie23 im Beitrag #2
Ich finde es irgendwie unmenschlich und egoistisch, einen Menschen, der wegen des Schmerzes und der Qualen nichtmehr leben will, gegen seinen Willen am Leben zu erhalten.

Zitat von Smithie23 im Beitrag #2
Ein Mensch sollte für sich selbst entscheiden, was besser für ihn ist.

Wie Mutterheimat völlig richtig schreibt: Ein sehr schwieriges Thema.
Kann jemand, der große Schmerzen erleidet, noch wirklich selbst entscheiden, was besser für ihn ist?
Was ist, wenn die Chance auf Heilung 50% ist. Oder Zumindest auf Befreiung von seinen Schmerzen??
Ist ein Mensch in dieser Stresssituation in der Lage, richtig zu entscheiden??

Und noch eine Anmerkung (auch aus Erfahrungen in der engen Verwandtschaft) dazu: Die Medizin ist heute in der Lage, Schmerzen in fast allen Fällen so zu lindern, dass der Patient damit leben kann (und will), auch wenn es nur noch eine begrenzte Zeit ist. Manchmal muss man aber auch die Ärzte in aller Deutlichkeit genau darauf hinweisen.

Und jeder kann mittels Patientenverfügung nach zu Zeiten, in denen er wirklich frei entscheiden kann, seine Entscheidung für diese Fälle treffen und damit den Angehörigen eine Last abnehmen. Dies setzt allerdings vorraus, dass man sich mit dieser möglichen Situation auseinandersetzt.


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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#4 von Hansrudi , 07.12.2013 08:21

Wieso denkt ihr bei den Thema nur an die Kranken ? Ist denn unsere Gesellschaft für gesunde Menschen, die ständig ausgebeutet werden und deren medizienische Betreuung/ Versorgung nur das Ziel der Erhaltung der Arbeitskraft hat , denn noch lebenswert ?

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#5 von Buhli , 07.12.2013 10:11

Joe, mach das mit der Patientenverfügung mal den Leuten klar, die unverschuldet von jetzt auf dann zum Pflegefall wurden. Lebenswert ist das Leben bestimmt auch für Menschen die arm und gesund sind. Vor kurzem lief in der "Leute" Sendung was zum Thema "Glückliches Leben". Eine Journalistin ist in vielen Ländern unterwegs gewesen und hat die Menschen vor Ort befragt. Erstaunlicherweise gehören die in Kolumbien und Costa Rica zu den Glücklichsten. Zusammengehörigkeit, füreinander da sein, sich uneigennützig gegenseitig helfen, spielt da eine große Rolle. Kommt uns das nicht irgendwie bekannt vor? Die Deutschen schnitten da nicht gut ab. Je wohlhabender die Regionen waren, desto "unglücklicher" (relativer Begriff) waren die Menschen. Weltweit.


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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#6 von Smithie23 , 07.12.2013 10:14

Weil wir uns an ein Leben im Überfluss gewöhnt haben und immermehr wollen und am Besten immer ein wenig Mehr, als der Nachbar. Und wir gönnen auch dem Anderen kein Bißchen was. Das treibt dann so seltsame Blüten wie: eine Rentner beschwert sich darüber, dass Jemand "schon wieder" Urlaub macht (nicht ausgedacht ,sondern erlebt!). Wir sehen in unserer Zeit die Menschen, mit denen wir zu tun haben gar nicht als Mensch mit Persönlichkeit, sondern als ne Art Roboter, der zu funktionieren hat.


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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#7 von nüscht , 07.12.2013 11:18

Ich find den Anspruch auf lebenslängliche Gesundheit sehr seltsam.

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#8 von Smithie23 , 07.12.2013 11:54

Zitat von nüscht im Beitrag #7
Ich find den Anspruch auf lebenslängliche Gesundheit sehr seltsam.


Und das Gejammer im hohen Alter find ich auch seltsam ! War das in früheren Generationen auch so, dass man ständig wegen Krankheiten und Gebrechlichkeiten gejammert hat ? Wie waren eure Erinnerungen an frühere Generationen (60er / 70er Jahre) ? Waren da die Wartezimmer der Ärzte auch so voll ... immer von den Gleichen belagert ?

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#9 von Buhli , 07.12.2013 12:55

Smithie, ich würde die Gespräche als Generationbezogene Themen einordnen. Je jünger wir waren, desto weiter war das Gesundheitsthema von uns weg, wenn es gerade Gesprächsthema von Oma war. Jetzt reden wir für unsere Jugend genauso befremdlich. Das wird nicht unbedingt was mit "Früher" zu tun haben.


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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#10 von altberlin ( gelöscht ) , 07.12.2013 15:32

Zitat von Smithie23 im Beitrag #8

Und das Gejammer im hohen Alter find ich auch seltsam ! War das in früheren Generationen auch so, dass man ständig wegen Krankheiten und Gebrechlichkeiten gejammert hat ? Wie waren eure Erinnerungen an frühere Generationen (60er / 70er Jahre) ? Waren da die Wartezimmer der Ärzte auch so voll ... immer von den Gleichen belagert ?

Das ist wieder typische Meinungsmache gegen die Alten/Älteren. Ich nehme mal an, niemand wünscht sich Krankheiten. Aber wenn sie nun mal da sind, wird jeder
Mensch unterschiedlich damit fertig.
In meiner Kindheit waren die Wartezimmer der Zahnärzte so voll, das es bis zu 4 Stunden dauerte, bis man dran kam. Es gab kein Bestellsystem, kein Telefon,
um vorher anzurufen, nichts.
Als ich zwischen 20 und 30 war, in den Siebzigern, bin ich, wenn nötig, zum Betriebsarzt gegangen, den gab es mitunter auch in Unternehmen mit unter 2000 Beschäftigten, andere Firmen waren mit angeschlossen.
Auch den Zahnarzt hatten wir im Betrieb. Alles ohne sonderliche Wartezeit, aber mit guten Genesungs-/Behandlungserfolgen.
Die Rentner damals hatten ihren Rentnerklub, wo sie sich treffen konnten, wenn ihnen danach war. Das fehlt heute, dank der Rolle rückwärts in solchen
Dingen nach der Wende. Da trifft man sich eben mal im Wartezimmer.
Einen weiteren Grund für Übervölkerung bei den Ärzten sehe ich in der ausufernden Diagnostik, der Hausarzt schickt den Patienten hierhin, dorthin, und so weiter, und jeder Doc verdient mit. Ich würde das als Patientenrotation bezeichnen.
Damals wurde weniger Firlefanz gemacht, und die Menschen wurden auch alt, meine Vorfahren zum Beispiel 93, 86, 87.
Und das ohne Computersysteme im Vorzimmer und überquellende Apothekenregale von Nöten waren.
.


vorwärts immer, rückwärts nimmer
E.H.

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#11 von Schlawine , 07.12.2013 15:54

Zitat von Buhli im Beitrag #9
Smithie, ich würde die Gespräche als Generationbezogene Themen einordnen. Je jünger wir waren, desto weiter war das Gesundheitsthema von uns weg, wenn es gerade Gesprächsthema von Oma war. Jetzt reden wir für unsere Jugend genauso befremdlich. Das wird nicht unbedingt was mit "Früher" zu tun haben.

-----------

Ja Buhli das sehe ich genauso. Die meisten Wehwehchen stellen sich nunmal mit zunehmenden Alter ein. Dazu kommt dass die Leute je immobiler sie werden auch immer weniger erleben. Da dreht sich eben der Alltag um das Essen und die körperlichen Befindlichkeiten.Dazu kommt natürlich noch die jeweilige Persönlichkeit. Meine Omi hat man nie jammern hören. Die hat tapfer klaglos alles genommen was kam.Meine Uroma hat über nichts anderes als ihre Krankheiten gesprochen. Es ist eben keiner wie der andere.

Bei der Schmerzbekämpfung trauen sich die Ärzte noch nicht so richtig an die entsprechenden Dosierungen heran.In meinem beruflichen Alltag erlebe ich täglich dass die meisten Menschen sich mit körperlichen Einschränkungen ganz gut arrangieren können. Mit großen Schmerzen jedoch nicht. Wären die Ärzte nicht so zaghaft mit der Verordnung von Morphinen würden die allermeisten Menschen ganz gerne alt werden. Die Lebenslust verlieren sie wenn unerträgliche Schmerzen jeden Tag für sie und die Angehörigen zur Qual werden lassen.


Schlawine
--------------------------

„Nichts spornt mich mehr an als die drei Worte: Das geht nicht. Wenn ich das höre, tue ich alles, um das Unmögliche möglich zu machen.“
Harald Zindler, dt. Umweltaktivist, 1981 Mitbegründer Greenpeace Deutschland

 
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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#12 von Kehrwoche , 07.12.2013 20:35

Ich bin für Führerscheinentzug bei Eintritt ins Rentenalter und für gesteuertes Ableben mit 70.
Ich sehe da nur Vorteile. OK, es gäbe auch ein, zwei Nachteile, weniger Weihnachtsmänner und so. Aber sonst??


Der Übergang vom Affen zum Menschen sind wir.
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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#13 von altberlin ( gelöscht ) , 08.12.2013 08:58

Besser noch wäre die "Pille davor" zum Fünfundsechzigsten, damit gar kein Rentnerleben erst finanziert werden muß .
So könnte die Jugend etwas mehr auf den Putz hauen, nicht nur verbal motzen.
Hauptsache, es war jemand da, der ihnen früher den Allerwertesten abgeputzt hat.

.


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E.H.

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#14 von delta , 08.12.2013 11:36

Du hast die vergessen, die nichts oder nie etwas zum Kapital beitragen haben....
Zum Thema Schmerz...da ich selbst Chronischer Schmerzpatient bin, finde ich hier manchen Gedankendank seltsam.


wer fehler findet, darf sie behalten, ich habe reichlich davon.

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RE: Was ist ein lebenswertes Leben?

#15 von nüscht , 08.12.2013 12:01

Viele Menschen spucken gern größe Töne, solange Krankheiten sie nicht betreffen.
Aber egal, wie jung und gesund man ist, es kann sich sehr schnell ändern
und dann wird man schnell kleinlaut und realistisch.


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