Ossi Forum - bundesweites Kontakt- und Unterhaltungsforum


RE: "Hartz5. Ein Hartz IV-Roman" - von Peter Hetzler

#16 von kreutzer , 12.08.2013 07:37

Die Kirche im Dorf lassen

Deutschland liegt mit der Höhe der Sozialversorgung auf einem internationalen Spitzenplatz. Selbst in den Euro-Ländern gibts in der Regel nicht annähernd das, was in Deutschland bezahlt wird. In Italien beispielsweise gibt es überhaupt keine staatliche Sozialversorgung. Es ist in Deutschland soviel, daß es sich vielfach "nicht lohnt", aus der Sozialversorgung auszusteigen und einen Vollzeitjob anzunehmen.

Und- manchmal hilft auch ein Blick zurück, um die Realitäten richtig wahrzunehmen:

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Haseloff hat die wirtschaftliche Lage von Hartz IV-Empfängern mit der Situation von Arbeitnehmern in der DDR verglichen. Sein Fazit: Formal-materiell gehe es den Langzeitarbeitslosen heute besser.

http://www.mdr.de/sachsen-anhalt/haselof...cherung100.html

Und in DDR 'Neubauten', früher wie ein Sechser im Lotto, wenn man dort eine Wohnung ergattert hat, heute würde man 'unsanierter Plattenbau' dazu sagen, will heute kein H4 Empfänger einziehen.


kreutzer  
kreutzer
Beiträge: 100
Registriert am: 29.07.2013

zuletzt bearbeitet 12.08.2013 | Top

RE: "Hartz5. Ein Hartz IV-Roman" - von Peter Hetzler

#17 von Hansrudi , 12.08.2013 07:42

Das Problem ist doch , das sich Arbeit wieder lohnen muß ! Was kann sich denn heute ein Vollzeitbeschäftigter noch leisten von seinem Lohn ? Ein Häuschen oder Eigentumswohnung ist doch heutzutage kein Wert mehr , sondern vielfach nur Schutz vor giereigen Vermietern .

Hansrudi  
Hansrudi
Beiträge: 5.951
Registriert am: 04.08.2008


Mit Gott auf "Sklavensuche"

#18 von henry77 , 02.09.2013 11:57

„Freiwillig zu Diensten?" - von Claudia Pinl

Buchtipp von henry77

Haben wir das nötig? Das ach so reich gewordene aber im globalen Konkurrenzkampf armgesparte und im Sinken begriffene Staatsschiff benötigt Freiwillige, die kostenlos einspringen und retten, was es für die Machteliten zu retten gibt, denn die Kassen fürs Soziale sind leer. Deshalb der Aufschrei: Bürger, begebt Euch in die Schulen, Kirchen, Sport- und Kulturvereine sowie in die Krankenhäuser und leistet freiwillig Sozialarbeit. Denkt an die katholische Soziallehre, die dafür plädiert, dass dem Staat nur solche Aufgaben aufgebürdet werden sollen, die die Einzelnen, sprich besonders die Familien, nicht alleine tragen können. Denkt an die barmherzigen Samariter, denkt an die Bibel, denkt an die heilige Elisabeth von Thüringen, die die Armen speiste. Das war vor 800 bzw. 200 Jahren. Und heute? Mehr Selbst- und Nächstenhilfe! Helft mit, den Staat schlanker zu machen. Hebt Euren Arsch, denn es ist vorbei mit dem „Wohlfahrtsstaat“.

Im verklausulierten und „hochintelligenten“ Bürokraten-Hochdeutsch klingt das so: Es gehe darum, „als Staat, Zivilgesellschaft und Unternehmen, sich auf Augenhöhe für ´Good Governance´ einzusetzen...“. „Ehrenamt als innovierende Ressource“, das „Investment in Gemeinwohl“. Es gehe um „Trisektoralität“, um „Kompetenz- und Wissensplattform“, um „Vernetzung der Player aus Zivilgesellschaft und Medien“, um mit diesen „Akteuren bürgerschaftliches Engagement in der Fläche umzusetzen“. „Staatliche Institutionen können Probleme wie Bildung oder den demographischen Wandel nicht allein stemmen.“ Aber in welcher Form, darüber müsse diskutiert werden, ob „bottom up“ oder „top down“, beides gehe, wenn nur die „Player“ ihre „Netzwerk-Rolle“ lernten.
 

Wer soll das verstehen? Ich habe diese trostlose und verblendende Fremdheit im sprachlichen Ausdruck deshalb an die Spitze meiner Rezension gesetzt, weil das zu besprechende Buch eben diese Hilflosigkeit auch im Politischen ins Visier nimmt. Es geht um das Buch von Claudia Pinl mit dem Titel „Freiwillig zu Diensten?“. (Die Zitate sind den Seiten 77 und 79 entnommen.) Wenn man dieses interessante Büchlein von 144 Seiten liest, dann weiß man nicht nur, was man von seinem Staat jetzt und demnächst zu erwarten hat, dann erkennt man auch: Dieser ehemalige Wohlfahrtsstaat, nein, die ganze kapitalistische Gesellschaft, spuckt so Stück für Stück seine soziale Fürsorge aus. Im Interesse des Überlebens in der neoliberalen Welt, im Interesse des Profits macht sich der Staat schlank, wie er selbst behauptet. Weg mit sozialer Verantwortung für alle, vor allem für die Schwächsten. Weg mit vom Staat bisher gestützten Hilfsdiensten. Jeder sorge für sich alleine. Und man finde sich zu Grüppchen zusammen und helfe sich gegenseitig. Der neue Individualismus feiert seine Wiedergeburt. Nichts da mit großer Gemeinschaft. Nur die macht Sinn und kostet nichts, die sich selbst zu helfen weiß.
 

Die Autorin wurde 1941 geboren, war Rundfunk-Journalistin, Bonner Korrespondentin der „taz“ und Fraktionsmitarbeiterin der Grünen im Bundestag. Die Publizistin und Autorin schrieb Bücher über Frauen und Arbeit, zum Geschlechterverhältnis und zu neokonservativen Entwicklungen in der Gesellschaft.
 

Man baue heuchlerisch und irreführend auf eine große Bereitschaft zum Engagement, so Claudia Pinl. Das drücke sich aus in den Begriffen „Zivilgesellschaft“, „Engagement“, „Bürgersinn“ und „Freiwilligenarbeit“. Sie erinnert daran, Bildung, Kultur, kommunale Infrastruktur und soziale Sicherung seien öffentliche Aufgaben, die mit Steuergeldern finanziert werden müssen, „unter anderem deshalb, um Arbeitsplätze zu erhalten“. (S. 9) Der Sozialstaat sei klamm, sagt sie. Nun sei das „soziale Kapital“ an der Reihe, die Versorgungslücken zu füllen. Es sei beschämend, „dass Deutschland unter den Industrienationen nur einen geringen Anteil seines Bruttosozialproduktes für Bildung ausgibt - „trotz einiger Steigerungen in den letzten Jahren“. „Durch Steuer-Reformen zugunsten von Unternehmen und Reichen hat es sich in den letzten zwanzig Jahren erfolgreich selber die Grundlagen für die Finanzierung von Sozialem, Kultur und Bildung beschnitten“. Für einen Ausweg, der keiner sein kann, werde mit aller Macht die Werbetrommel gerührt. Ehrenamtstage, Ehrenamtspreise, Wochen des bürgerschaftlichen Engagements, nationale und internationale „Jahre der Freiwilligenarbeit“ würden einander ablösen. Gratisarbeit also in Schulen, Kitas, Büchereien, Krankenhäusern, Spielplätzen, an Museumskassen, bei der Grünpflege und in Schwimmbädern. Damit solle der Mangel an Pflegekräften, Erzieherinnen und kommunalen Bediensteten kompensiert werden. Weggenommen würden dadurch qualifizierten Langzeitarbeitslosen die letzten Reste an Beschäftigungsmöglichkeiten. (S. 10)
 

Es gehe nicht darum, so die Autorin, die positiven Seiten des selbstlosen Engagements herabzusetzen. (23 Millionen Ehrenamtliche gebe es in Deutschland.) „Es geht darum, die ständigen Appelle an unsere Hilfsbereitschaft und Verantwortung in Beziehung zu setzen zum Abbau sozialer Sicherheit, zur Privatisierung und Kommerzialisierung von Pflege und Gesundheit, zur finanziellen Austrocknung der Kommunen, zur Unterfinanzierung von Kultur und Bildung, zur Vermögenskonzentration und zu wachsender Armut.“ (S. 11) Der Staat drücke sich mehr und mehr vor seiner sozialen Verantwortung.
 

Um keine schiefen Bilder aufkommen zu lassen: Freiwillige Arbeit im Dienste des Staates nahm ihren Anfang bereits Anfang des 18. Jahrhunderts. Das Vereinswesen im „19. Jahrhundert und zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurde geboren, um akuten gesellschaftlichen Missständen abzuhelfen“, so zum Beispiel die Freiwilligen Feuerwehren. Zudem waren „Wohlfahrtsverbände eine Antwort auf die Verelendung breiter Massen der Bevölkerung...“ Bismarck nahm 1883 der „sozialen Frage“ mit der Einführung der Sozialversicherung ein Stück weit die politische Brisanz, schreibt die Autorin auf den Seiten 14/15.
 

Was aber derzeit in Deutschland abläuft, um mit Freiwilligen das sinkende Gesellschaftsschiff über Wasser zu halten, hat nichts mehr mit „Dienst am Menschen“ zu tun. Es ist kotzüble Ausbeutung im Interesse des Kapitals, das sich anschickt, im sozialen Bereich völlig den Hahn zuzudrehen, sich zurückzuziehen aus jeglicher Fürsorge für sozial Schwache. Man kann das auch den „Rettungsschirm“ im menschlichen Bereich nennen. Claudia Pinl legt die Finger auf die ursächlichen Wunden: Nach den Ölkrisen 1973/1979 stagnierte das Wirtschaftswachstum in den Industrieländern. Das Ende der Nachkriegs-Wohlfahrtstaatlichkeit wurde eingeläutet. Durch Senkung des Spitzensteuersatzes 1981 in den USA von 70 auf 33 Prozent vertiefte sich drastisch die soziale Spaltung. (S. 17) Und in Deutschland? „Die Vermögenssteuer wurde ausgesetzt; der Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer von 53 Prozent auf 42 Prozent vermindert, (…), die Unternehmenssteuern (…) abgesenkt; Firmenverkäufe nicht mehr besteuert; Steuern auf Kapitalerträge und Erbschaften gesenkt (…), so dass manches Unternehmen und mancher Millionär ganz legal gar keine Steuern zahlen“. (S. 121) Nach 1990 gab es zwar in den westlichen Bundesländern einen Wirtschaftsboom, dem aber folgten krisenhafte Prozesse. Und nun hieß es: Das Sicherheitsnetz aus Ansprüchen solle in ein Sprungbrett in die Eigenverantwortung umgewandelt werden.
 

So entsteht eine Armee von Sklaven, die dem sterbenden „Vater Staat“ dessen Pflichten abnimmt und der Gesellschaft Zukunft bescheren soll. Sie haben dort einzuspringen, wo Fachkräfte, (die nicht mehr bezahlt werden können), fehlen. Fehlt aber geschultes Personal, so sind Fehler und Pannen vorprogrammiert. Zur Vertuschung wird dem krampfhaften Ruf nach Gratisarbeit, „ein scheindemokratischer Ton unterlegt, die Not wird zur Tugend umdefiniert.“ (S. 144) Frau Pinl warnt vor Gutgläubigkeit, den Ausputzer für die Folgen politischer Fehlsteuerung zu spielen. (S. 143)
 

Im Einzelnen führt die Autorin dem Leser vor Augen, wie durch Wörter wie „Nachhaltigkeit“ oder „Sozialinvestitionen“ Rechtsansprüche auf „soziale Absicherung“ abgebaut werden sollen. Sie erinnert an die Agenda 2010, wo dem Publikum „zynischerweise“ die Ausdehnung des Niedriglohn-Sektors als „Beschäftigungsförderung“ verkauft wurde. Private Stiftungen und andere, demokratisch nicht legitimierte Akteure der zivilen Bürgergesellschaft sollen u.a. durch Steuerbefreiungen gefördert werden und dem sozialen Abbau entgegenwirken. (S. 23)
 

Auf Seite 83 stößt die Autorin in die Hintergründe des Stiftgebarens der Sponsoren. In der Regel lassen diese sich nicht in die Karten gucken, sondern verschleiern ihren Profitanteil. Einerseits schweigen sie auf entsprechende Fragen, andererseits lassen sich die Zusammenhänge leicht durchschauen, so am Beispiel des Bulettenmultis McDonalds, der „den Bau eines Elternhauses neben einer Kölner Klinik unterstützt und damit reichlich Werbung treibt“. (S.84) Oh, wie wichtig das Sponsoring durch die Privatwirtschaft ist! Sie gibt zurück, was sie an Steuern eingespart hat. „Seither keine Opernaufführung, kein Literaturfest, kein Konzert ohne die unvermeidlichen Firmenlogos“, so vor allem im Sport. (S. 85)

Welche Ideologie steckt hinter diesen neuen „Herausforderungen“ an jeden Einzelnen? Die Autorin verweist vor allem auf den Umschwung im Denken und Handeln der Obrigkeit nach der Wende 1989, nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Da war es plötzlich vorbei mit dem hochgeputschten ökonomischen und geistigen Abwehrdruck gegenüber dem Osten. Und dann kam die Gesellschaftskrise. Die Globalisierung forderte ihr Recht. Die Krise erfasste die Weltwirtschaft. Was blieb übrig, als das kostenschwere Paket des Sozialen Schritt für Schritt aufzuschnüren und zahlreiche einstige Hilfeleistungen fürs Volk in Luft aufzulösen oder sie privaten Machenschaften zu überlassen. Nicht zu vergessen: Die Verursacher von Reichtum und Armut sind ein und dieselben Akteure. Da bleibt alles in Stein gemeißelt, trotz der dankenswerten Bemühungen der Autorin um Zustandsforschung und der Aufforderung, sich von der Almosengesellschaft zu verabschieden. (S. 144) Da ist also nichts zu machen (?): Freiwillige Sklaven an die Front. Plant privat Sozialarbeit ein. Wenn nicht – wir können auch anders... Auch wieder im Namen Gottes... (PK)

Claudia Pinl, "FREIWILLIG ZU DIENSTEN? - Über die Ausbeutung von Ehrenamt und Gratisarbeit", NOMEN Verlag, Frankfurt am Main 2013 - Paperback - 144 S. - EUR 14,90 - ISBN: 978-3-939816-18-8
 

Erstveröffentlichung der Rezension in der Neuen Rheinischen Zeitung
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=19341


cleo-schreiber.blogspot.com

 
henry77
Beiträge: 135
Registriert am: 17.01.2013


RE: Mit Gott auf "Sklavensuche"

#19 von kreutzer_ , 02.09.2013 12:42

Zitat von henry77 im Beitrag #1
Dieser ehemalige Wohlfahrtsstaat, nein, die ganze kapitalistische Gesellschaft, spuckt so Stück für Stück seine soziale Fürsorge aus.



Kann ich nicht so sehen.

Der Sozialstaat in Deutschland kostet den Steuerzahler sehr viel Geld, 60 % des Bundeshaushalts, wenn man den Pump einbezieht, der überwiegend durch frühere Sozial-Wohltaten entstanden ist, werden allein auf der Bundesebene hierfür ausgegeben.

Man könnte die 60 % natürlich auf 90 % steigern, nur dann bliebe nichts mehr für Bildung und Forschung oder für die Gesundheit. Immerhin werden jetzt noch 6 % für Forschung und Bildung ausgegeben, ein Zehntel der Kosten für Pump und Soziales.

Abgesehen von der Tatsache, daß weltweit bei wohl 90 % der Menschheit kein vergleichbares Sozialsystem existiert, kann sich der Vergleich mit den Ländern, die überhaupt Sozialgelder herausreichen, der deutsche Sozialstaat hinsichtlich der Höhe durchaus sehen lassen, denn Deutschland nimmt dort einen Spitzenplatz ein.

Der Sozialstaat in Deutschland ist so attraktiv, daß eine massive Zuwanderung in die hiesigen Sozialsysteme stattfindet und der damalige niedersächsische Innenminister Schünemann schon vor drei Jahren festgestellt hat

Zitat
Zwischen 1971 und 2000 ist die Zahl der Ausländer in Deutschland von drei Millionen auf etwa 7,5 Millionen gestiegen. Die Zahl der erwerbstätigen Ausländer blieb aber bei etwa zwei Millionen stehen. Im Jahr des Anwerbestopps 1973 waren 65 Prozent der Ausländer sozialversicherungspflichtig beschäftigt, ein Jahrzehnt später waren es nur noch 38 Prozent. Ein Großteil der Zuwanderung nach Deutschland erfolgte seit dem Anwerbestopp – meist über die Familienzusammenführung oder ungeregelt – zulasten der Sozialsysteme.



http://www.wiwo.de/politik/deutschland/d...en/5689068.html

kreutzer_  
kreutzer_
Beiträge: 541
Registriert am: 24.08.2013


RE: Mit Gott auf "Sklavensuche"

#20 von Ilrak , 02.09.2013 13:21

Wieder mal muss ich Dir äußerst widerwillig recht geben,
was die Fakten betrifft.
Was kann man aber tun, um dieses wirtschaftlich und sozial langfristig verheerende Mißverhältnis zu ändern - das ist die Frage .
Und da tun sich unsere Vorturner nicht gerade durch Geistesblitze hervor.


Vorbeugen ist besser als nach hinten fallen.

Ilrak  
Ilrak
Beiträge: 3.077
Registriert am: 28.10.2009


RE: Mit Gott auf "Sklavensuche"

#21 von Buhli , 02.09.2013 15:20

Dieses Zitat war übrigens auch Anlass für diverse Äußerungen von bundesdeutschen Politikern, die ich schon zitiert habe. Schlawine, warst Du es nicht, die mich da "angeschossen"hat? "Aus dem Zusammenhang gerissen."


Nehmt euer Herz in beide Hände, und macht was draus. (Zitat von Lutz Bertram. Ehemaliger blinder DT64 Moderator, den leider die Stasi in ihre Fänge bekam)
Buhli

Buhli  
Buhli
Beiträge: 7.558
Registriert am: 09.10.2006


RE: Mit Gott auf "Sklavensuche"

#22 von kreutzer_ , 02.09.2013 19:04

Da wir gerade diskutieren, wie angabengemäß "in Deutschland die ganze kapitalistische Gesellschaft Stück für Stück ihre soziale Fürsorge ausspuckt", hier eine Übersicht der Quoten der Hartz-IV Empfänger von hier lebenden Ausländern nach der Nationalität aufgelistet (Quelle Bundesanstalt für Arbeit). (Ohne dass ich mir alle Statements auf der Seite zueigen machen möchte, mir kommt es nur auf die BA Statistik an):

http://europenews.dk/de/node/49453

Für Berlin sind mir noch die Zahlen in Erinnerung, daß nach der Statistik aus dem Libanon nach Berlin zugewanderte Erwerbsfähige überhaupt nicht mehr arbeiten gehen, im Gegenteil, es sind mehr Hartz-IV Empfänger vorhanden, also überhaupt gemeldet sind. Offensichtlich werden aus Berlin noch im Libanon wohnende Personen mit Hartz IV versorgt.

Von den aus der Türkei nach Berlin zugewanderten Erwerbsfähigen leben 60 % von Hartz-IV.

Falls gewünscht, kann ich den Link für diese Zahlen ggf. nochmal ergoogeln, da ich weiß, wo sie veröffentlicht wurden.

Den Beitrag kann man sicherlich auch unter dem Hartz IV Thread schreiben, ich dachte nur, weil das Statement vom 'Auspucken' des Sozialstaats so dramatisch daneben liegt, paßt er auch hier hin.


kreutzer_  
kreutzer_
Beiträge: 541
Registriert am: 24.08.2013

zuletzt bearbeitet 02.09.2013 | Top

Karl Markert - Antiquar aus Leipzig

#23 von Antiquarius ( gelöscht ) , 02.11.2013 12:17

Karl Markerts Buch ‚Leitfaden für Antiquare’
im politischen Spannungsfeld zwischen Ost- und Westdeutschland
von Michael Eschmann

Der vorliegende Beitrag entstand auf Grund einer Auswertung von Dokumenten zu
Karl Markert, die sich in meinem Besitz befinden. Der komplexe und schwierige Sachverhalt, geprägt durch den politischen Hintergrund, der fast gleichzeitigen Gründung zweier deutscher Staaten, verlangte an vielen Stellen nach ergänzenden Hinweisen. Diese erfolgten durch Auswertungen der Fachzeitschriften ‚Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel’ (Leipziger und Frankfurter Ausgabe) aber auch durch Aktensichtung des (Geschäfts-) Archivs des Leipziger Börsenvereins, das inzwischen Bestandteil des Sächsischen Staatsarchivs Leipzig geworden ist. Dennoch bleiben viele Fragen unbeantwortet. Manche Stellen erscheinen gar widersprüchlich. So blieb zunächst nur ein schemenhaftes Bild der Geschehnisse übrig, deren vollständige Aufklärung, wenn überhaupt, erst in den kommenden Jahren möglich sein wird.

Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erhielt der Leipziger Antiquar und Buchhändler Karl Markert am 10. Oktober 1945 eine Lizenz zur Wiedereröffnung eines wissenschaftlichen Antiquariats und Sortiments in der sowjetischen Besatzungszone.
Fast gleichzeitig wurde er zum Vorsitzenden des Antiquariatsausschusses des Leipziger Börsenvereins gewählt. Am 16. September 1947 wurde in einer Sitzung des Börsenvereins in Leipzig beschlossen, die Herausgabe von Fachliteratur für den Buchhandel neu zu gestalten. Hierzu brauchte man geeignete Autoren, die sowohl fachliche wie auch schriftstellerische Erfahrungen besitzen mussten. Die Suche erwies sich als äußerst schwierig.
Und letztendlich fand man überhaupt keinen geeigneten Autor, so dass Karl Markert sich daraufhin bereit erklärte, ein Buch unter dem (Arbeits-) Titel ‚Leitfaden für Antiquare’ zu verfassen. In dem nachfolgenden Bericht und in der häufig hier zitierten Korrespondenz, wird dieser „Leitfaden“ gelegentlich auch als „Lehrbuch“ (Fachbuch) bezeichnet. Die Erstellung des Manuskriptes erfolgte im Herbst 1947 und zog sich bis ins Frühjahr 1948 hin. Die reine Arbeitszeit betrug ohne Reinschrift (durch Schreibmaschine) 1800 Stunden. Manuskriptabgabetermin war der 28. Februar 1948. Das Buch strebte als Käufergruppe nicht nur Antiquare sondern auch Bibliothekare an. Bewusst war es deshalb umfangreicher als das
konkurrierende Werk von Bernhard Wendt verfasst und verstand sich nicht als Fachbuch für Lehrlinge. „Das ganze Werk umfasst zwei Teile, einen praktischen und einen wissenschaftlichen Teil. Der wissenschaftliche Teil ist noch nicht ganz vollendet. Der 1. Band umfasst ca. 125 Schreibmaschinenseiten, der 2. Teil wird durch die Materie umfangreicher. Das ganze könnte in zwei Teilen erscheinen, natürlich müssten die Abonnenten des 1. Teils den 2. ebenfalls abnehmen.“ Die Gliederung des Buches mit insgesamt 21 Kapiteln, sah wie folgt aus: [Teil 1: Allgemeines]: 1. Der Antiquar, seine Fähigkeiten, Vorbildung und Ausbildung. 2. Aufgabe, Begriff, Wesen und Zweck des Antiquariats. 3. Geschichtlicher Überblick über die Entwicklung des Antiquariats. 4. Das antiquarische Buch und der Handel. 5. Einrichtung des Antiquariats: Der Antiquar und seine Mitarbeiter. Mithilfe der gelehrten Welt. Der Geschäftsraum: Kontor. Ausstellungsraum. Expedition. Portokasse. Packraum. Buchhalterei. Kasse. Formulare und Formularlager. Bücherlager (Signaturen und Aufstellung). Registraturen. Kartotheken und Handbibliothek. 6. Vertrieb: Verkauf. Kundenverkehr (Mündlich und schriftlich). Kataloge. Listen. Einzelofferten. Desideraten und Suchlisten. Export. Auktionen. 7. Bezug: Einkauf vom Verlag (Partieartikel) und anderen Buchhändlern. Von Kunden und Bibliotheken. Firmenkunde. Verkehrseinrichtungen des Buchhandels. 8. Finanzwesen: Zahlungswesen. Bilanz. Inventur. Preisbildung. Statistik. Steuer. 9. Rechtswesen: Verkaufsordnung. 10. Aufnahmetätigkeit: Technik. Kollationieren. Abkürzungen. Schlag- und Stichwort. Anonyme und Pseudonyme. Chronologie. Transkription. 11. Bibliographien. 12. Katalogtechnik. Anfertigung. Druck. Korrektur. Papier. Kalkulation. [Teil 2: Kenntnisse:] 13. Handschriftenkunde. Geschichte des Buchdrucks und Buchhandels. 14. Buchkunst. Buchmalerei. Illustratoren. Karten und Städtebilder. Porträts. Exlibris. Autographen. Bibliophilie. Seltenheiten. 15. Musikalien. 16. Papier und seine Geschichte. 17. Bucheinbände. 18. Wissenschaftskunde. 19. Geschichte und Kulturgeschichte. 20. Sprachkenntnisse. 21. Bibliotheken und Akademien.

Für das Antiquariat existierte zu diesem Zeitpunkt das Buch von Bernhard Wendt ‚Der Antiquariats-Lehrling’, in der Erstauflage von 1938. Die Verlagsrechte besaß auch nach Kriegsende der Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. Es war das erste selbständige Werk zur Berufsausbildung des Antiquariatsbuchhändlers. Eine Einweisung in den Antiquariatsbuchhandel für Lehrlinge. Eine Neuauflage dieses ‚Antiquariats-Lehrlings’ wurde vom Leipziger Börsenverein zunächst abgelehnt. Grund war Wendts ehemalige Mitgliedschaft in der NSDAP. Über diese war in Westdeutschland, speziell in den Kreisen des Antiquariatsbuchhandels, zu diesem Zeitpunkt nur wenig bekannt. In Ostdeutschland, speziell beim Börsenverein in Leipzig jedoch, war sie bekannt.

Um die folgenden Geschehnisse besser verstehen zu können, lohnt sich deshalb ein Blick zurück auf diese frühe Ausgabe.

Bernhard Wendts ‚Antiquariats-Lehrling’ (1938)

Das Buch erschien in schlichter Aufmachung als grauer Pappband, aufgeteilt in drei Hauptabschnitte mit insgesamt 182 Seiten, 14 Abbildungen und einer Korrekturtabelle. Die Hauptabschnitte gliederten sich wie folgt: 1. Antiquar und Antiquariatsbuchhandel. 2. Das Antiquariat und die allgemeinen Verkehrseinrichtungen des Buchhandels. 3. Grundkenntnisse der Arbeit. „Der Aufbau des ‚Antiquariats-Lehrling’ wurde bestimmt durch die Übersicht des Lehrlingspasses über die Ausbildung im Antiquariat, bildet also eine Darstellung derjenigen
Fertigkeiten und Kenntnisse, die im Betrieb bei der ordnungsgemäßen Berufsausbildung erlernt und erworben werden sollen. Inhaltlich bietet die vorliegende Schrift den erweiterten
und abgerundeten Stoff von Kursen, die der Verfasser seit einigen Jahren teils an der Deutschen Buchhändlerlehranstalt, teils im Leipziger Arbeitskreis der Fachschaft der Angestellten in der Gruppe Buchhandel in der Reichsschrifttumskammer abgehalten hat.“

Das Buch musste – um überhaupt gedruckt werden zu können - im Sprachstil des Zeitgeistes
verfasst sein. Schon gleich zu Anfang heißt es deshalb sehr deutlich: „Der deutsche Antiquar der Gegenwart ist ein Glied der Reichskulturkammer, die durch eine Fachorganisation seine hohen kulturpolitischen Aufgaben anerkennt.“ Es verwundert auch nicht, dass bei der Aufzählung der bedeutenden Antiquariatsfirmen sämtliche jüdischen
Kollegen unerwähnt blieben. Bemerkenswert hingegen bleibt ein kleiner Abschnitt im Kapitel über die Rechtswissenschaften: „Der Nationalsozialismus hat auch auf dem Gebiete des Rechts einen grundlegenden Wandel herbeigeführt. Die Rechtserneuerung und –gestaltung wird bestimmt durch den 19. Grundsatz des Parteiprogramms: Wir fordern Ersatz für das der materialistischen Weltanschauung dienende Römische Recht durch ein deutsches Gemeinrecht. Das Recht wird damit unmittelbarer Bestandteil des deutschen Volkstums.“

Nachdem das Manuskript für das Lehrbuch von Karl Markert nun (fast) abgeschlossen war, bedurfte es einer Genehmigung des „Kulturellen Beirates der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in der sowjetischen Besatzungszone“, dieser war u. a. für die Papierzuteilung zuständig. Verweigert wurde eine Druckgenehmigung zunächst aus Gründen des Papier- bzw. Geldmangels. Kurze Zeit später hieß es dann aber auch noch, so ein Buch wäre nicht nötig.

Über diese unerwartete Manuskriptablehnung war Karl Markert verärgert, zumal er die
Gründe für die Ablehnung nicht nachvollziehen konnte. Unverständlich war für ihn auch,
dass die im September 1947 bereits getroffenen Abmachungen zwischen ihm und Herrn Dr. Heß vom Börsenverein über die Herausgabe eines Antiquariats-Lehrlings „aktenmäßig“
nicht festgehalten wurden. Eskaliert hatte sich dann die Situation in einer weiteren Sitzung, in der einzelne Mitglieder darauf hingewiesen hatten, dass zukünftige Neuauflagen des Wendtschen Lehrbuches aus vertraglichen Gründen weiterhin im Verlag des Börsenvereins erscheinen müssten. Bei Markert festigte sich der Gedanke, dass dieser plötzliche Sinneswandel für ein Politikum ideologisch ausgenutzt wurde. Recht deutlich spricht er dies in einem Brief an den Vorstand des Börsenvereins an: „Weiter wurde in der Sitzung geltend gemacht, daß Sie das Manuskript von Herrn Wendt deshalb angenommen hätten um ihn gegen den Westen auszuspielen. Ich hätte ja daraufhin nun meiner seits an den Westen herantreten können, damit dieser mich gegen den Osten ausspielt. Dieses wäre mir auch gelungen, denn ein Verleger in Wiesbaden war schon bereit dazu, aber ich wollte gerade betonen, daß ich dem Börsenverein treu bleibe. Heute sehe ich nun, daß ich da auf Sand gebaut habe.“

Am 25. November 1949 erfährt Karl Markert durch einen Brief von Bernhard Wendt, dass dessen Schrift ‚Der Antiquariats-Buchhandel’ nun in den nächsten Wochen beim Verlag des Börsenvereins in Leipzig in neuer Auflage erscheinen wird. Dieser Brief führte zu einer
Dramatisierung und Wende zukünftiger Abläufe. Fortan existierten zwei Manuskripte zum gleichen Thema. Markert war – bedingt durch den zeitlich vorgegebenen Termindruck – der Schnellere, wobei Wendt, der bereits sein Buch schon in der Vorkriegszeit erstmals veröffentlichte, dadurch einen breiteren Bekanntheitsgrad besaß. Die Situation spitzte sich zu. Klar war, dass nur ein Manuskript verlegt werden konnte. Damit aber noch nicht genug: Ausgerechnet Bernhard Wendt bittet Karl Markert, den heimlichen Konkurrenten, um eine Rezension seines neu aufgelegten Werkes in einer der kommenden Ausgaben des ostdeutschen Börsenblatts: „Es liegt mir daran, daß die Besprechung im Leipziger Börsenblatt von einem Sachkundigen übernommen wird und ich denke dabei in erster Linie an Sie. Hätten Sie Lust, diese Aufgabe zu übernehmen? Es würde mich sehr freuen.“ Markert war wenig erfreut über dieses Anliegen, empfand es gar als Provokation. „Ihre Nachricht hat mir jedoch hier einen großen Schreck eingejagt, denn Ihnen ist scheinbar gar nicht bekannt, daß ich auch ein Buch für die Antiquare geschrieben habe.[…] Es ist doch nun ein merkwürdiges Verhalten des Börsenvereins mir mitzuteilen, daß ihr Buch nicht wieder erscheint und kurz danach hat man scheinbar den Beschluß gefaßt es doch erscheinen zu lassen. Bei den engen Verbindungen die ich mit dem Börsenverein habe muß ich wirklich sagen, daß ich über ein solches Verhalten auf [!] äußerste empört bin.“ Auf den Rezensionswunsch ging er einige Wochen später noch einmal ein: „[…] Jedenfalls ist der Börsenverein schuld an dem ganzen Durcheinander. Ich bin sehr gespannt auf Ihr Werk und es ist doch ganz klar, daß ich dann eine schöne Rezension schreibe. Hoffentlich fallen mir dann auch die entsprechenden lobenden Worte ein […]“

Kampf zwischen „Ost und West“

Der Verleger Franz Steiner (1892–1967) wurde als Sohn eines Druckereibesitzers in Gräfenhainichen bei Leipzig geboren. Nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer übernahm er den väterlichen Betrieb. Als Verleger spezialisierte er sich auf alte und seltene fremdsprachliche Werke und Bücher zur Orientalistik. Er verfügte über gute Geschäftskontakte zur Deutschen Morgenländischen Gesellschaft und der Preußischen Akademie der Wissenschaften. Den zweiten Weltkrieg überstand sein Betrieb unbeschadet. Allerdings entschloss sich Franz Steiner die Sowjetische Besatzungszone zu verlassen, um einen wirtschaftlichen Neubeginn 1946 in Wiesbaden zu wagen. Kontakt zu Karl Markert
bestand durch die gemeinsame Heimatstadt Leipzig, aber auch durch die Mitgliedschaft in der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft. Einem Fachbuch zur Antiquariatskunde war Franz Steiner zunächst gar nicht abgeneigt, obwohl es nicht richtig in das Verlagsprogramm passte. Im Briefwechsel äußerte sich Markert zur politischen Problematik des gesamten Geschehens: „[…] Das [!] mein Manuskript vorher eingegangen war, wurde vollkommen übergangen. Es wurde dann in einer Aussprache damit begründet, Herrn Wendt sei aus der Westzone und dem Börsenverein liege ganz besonders daran dieses im Kampf Ost-West politisch auszunützen […]“ Das unternehmerische Risiko ein derartiges Buch zu verlegen,
erschien aber letztendlich dem Verleger zu groß: „Ich habe mich inzwischen mit der Angelegenheit etwas näher befasst und bin zu dem Entschluss gekommen, von der Herausgabe eines zweiten Manuskriptes Abstand zu nehmen, nachdem die Arbeit von Wendt erschienen ist.“

Am 27. Juli 1951 bot Markert dem Verleger Vittorio Klostermann sein Manuskript an.
Zunächst zeigte sich dieser auch sehr interessiert an einer Veröffentlichung. Bezweifelte aber
ob es zu den Aufgaben eines Lehrbuches des Antiquariatsbuchhandels gehöre, gleichzeitig eine Geschichte der Schrift, des Buchdrucks etc. darzustellen. Zumal zahlreiche Handbücher sich damit ausführlich befassten. Insgesamt lag das Manuskript drei Monate in Frankfurt/Main bevor eine endgültige Ablehnung erfolgte: „[…] Wie ich Ihnen schrieb, ist eine Neuauflage des Lehrbuches von Bernhard Wendt angekündigt. Die Entscheidung, ob ich Ihr Manuskript drucken könnte, hängt daher im wesentlichen davon ab, ob zwei solche Lehrbücher nebeneinander bestehen können. Es ist mir nach einigen Schwierigkeiten gelungen, ein Exemplar des Buches von B. Wendt aufzutreiben und der Vergleich mit Ihrem Manuskript ergibt leider, dass es mir nicht zweckmässig erscheint, beide Bücher gleichzeitig erscheinen zu lassen. Es ist schade, dass sie 1 Jahr zu spät kommen. Wäre Ihr Manuskript vor einem Jahr im Buchhandel erschienen, so hätte es die Konkurrenz mit dem Wendt’schen Buch aushalten können. Nun ist aber die Situation so, dass es erst nach diesem erscheinen wird, sodass man mit einer Beeinträchtigung des Absatzes rechnen muss. Bernhard Wendt ist der Herausgeber des Antiquariatteils [!] des Frankfurter Börsenblatts und hat dadurch einen guten und bekannten Namen auf diesem Gebiet. Es ist klar, dass alle Lehrlinge und angehende Antiquare sich dieses Buch kaufen werden. Darüber hinaus ein zweites Buch zu kaufen, das Vieles enthält, was in dem einen Buch bereits geboten wird, ist bei den heutigen knappen Geldverhältnissen sehr unwahrscheinlich. Aus diesen Gründen tut es mir leid, das angebotene Manuskript nicht veröffentlichen zu können, wie ich es gern getan hätte.“

Wendts Lehrbuch erscheint in Neuauflage (1952)

Überschattet wird die Neuauflage des Wendtschen Lehrbuches durch die Teilung
Deutschlands in zwei souveräne Staaten: Bundesrepublik Deutschland (BRD) und Deutsche Demokratische Republik (DDR). Verbunden damit waren zwei Wirtschaftssysteme, zwei Rechtssysteme, zwei Währungen, aber, wie wir noch sehen werden, nicht unbedingt zwei Lehrbücher zur Antiquariatskunde. Dieser innerdeutsche Spaltungsprozeß, der sich nun politisch immer weiter fortsetzte, führte gerade im Buchhandel zu einer grotesken Verdoppelung. Treffend hat dies Hans Altenhein beschrieben: „Den Siegermächten war jedenfalls sehr früh klar geworden, dass die Teilung nicht das Problem, sondern die Lösung war. Also hieß das historische Programm nicht Vereinigung, sondern Teilung: Währungsreform 1948, Gründung zweier deutscher Staaten 1949. Zwei Börsenvereine, zwei Börsenblätter, zwei Nationalbibliotheken, zwei Bibliografien, zwei Buchmärkte. Und: Das Ende der gesamtdeutschen Illusion.“

Durch diese Vorgänge dürfte sich auch der Erscheinungstermin der zweiten Auflage von
Wendts Lehrbuch bis ins Jahr 1952 hinein verschoben haben. Genaueres ist nicht bekannt. Auch der Grund, warum der Börsenverein seine Tätigkeit als Verlag nun aufgab und die Rechte an den Verlag Dr. Ernst Hauswedell & Co. verkaufte, ist unbekannt. Das Erscheinen der Neuauflage wurde zum Schlüsselmoment und zwang das Ganze in eine entscheidende Richtung.

Vergleicht man erste mit zweiter Auflage findet man wenig Veränderungen. Das Buch hieß nun ‚Der Antiquariats-Buchhandel’. Ein Lehrbuch für junge Antiquare. Inhaltlich wurde das Kapitel zum Reichskulturkammergesetz entfernt und überhaupt, der gesamte ehemalige „völkische“ Sprachstil ist der Nachkriegszeit „modernisiert“ angepasst worden. Im Kapitel zur „Geschichte des Antiquariatsbuchhandels“ fehlte abermals eine Würdigung der jüdischen Kollegen. Erst in der dritten überarbeiteten und erweiterten Auflage von 1974 wurde dies nachgeholt.

Der Verlag Dr. Ernst Hauswedell & Co. in Hamburg war nun mit dieser Veröffentlichung Marktführer für buchhändlerische Fachliteratur geworden. In Verlagsanzeigen warb er damit, Fachbücher für Sammler, Bibliotheken und Museen, Buchhändler, Antiquare und Kunsthändler herauszugeben. Für den Bereich Neubuchhandel wurde Friedrich Uhligs
‚Der Sortiments-Lehrling’ angeboten, für den Verlagsbereich das ebenfalls von Uhlig verfasste Werk ‚Der Verlags-Lehrling’. Die drei Bände zusammen deckten damit das Grundwissen eines jungen Buchhändlers ab. Im Erscheinungsbild unterschieden sich die Leinwandeinbände farblich: ‚Der Verlags-Lehrling’ (blau), ‚Der Sortiments-Lehrling’ (grün)
und ‚Der Antiquariats-Buchhandel’ (braun).

Im Juli 1950 beschloss der III. Parteitag der SED den Fünfjahrplan für die Jahre 1951 bis 1955. Geplant wurde auch eine zukünftige Verdoppelung der Buchproduktion. Ferner wurden
Fachbücher für alle Branchen geplant. „Die sich daraus für das Buchschaffen in der DDR ergebenden Aufgaben wurden unmittelbar nach dem III. Parteitag auch in verschiedenen Beratungen des Börsenvereins diskutiert, wobei auf die wachsenden ideologischen Anforderungen und Notwendigkeiten hingewiesen wurde, die Mitarbeiter allseitig zu qualifizieren.“

Am 17. Mai 1952 schrieb Karl Markert einen erneuten Brief an den Börsenverein der Deutschen Buchhändler in Leipzig. Darin wird berichtet, dass nun endlich die vollständige Abschrift des Manuskriptes fertig sei. Ferner fügte er eine Abschrift eines Briefes von einem westdeutschen Kollegen bei, der jedoch seinen Namen nicht genannt haben wollte: „Nun zu dem eigentlichen Grund meines heutigen Briefes, Ihrem Antiquariats-Leitfaden. Ich hörte hier von einem Nürnberger und dann von einem Berliner Kollegen, daß das Werk nun endlich erscheinen soll. Nach dem jahrelangen Warten hat sich die Sache nun schnell unter den Kollegen hier herumgesprochen. Ich hatte allerdings gedacht, es würde hier im Westen erscheinen. Es wäre dann ja ein Leichtes gewesen, einen Teil der Auflage auch nach Österreich und der Schweiz auszuliefern, denn dort gibt es ja auch kein richtiges Lehrbuch und die Not der Lehrlinge und Jungbuchhändler ist die gleiche, wie bei uns hier. Nun erscheint Ihr Buch in der DDR, wie es ja, da Sie dort wohnen, recht und billig ist. Nur verstehen Sie bitte unsere Besorgnis, daß wir dabei womöglich leer ausgehen müssen! Bitte, dringen Sie doch beim Börsenverein oder der zuständigen Stelle darauf, daß das Buch auch nach Westdeutschland ausgeliefert wird! Nun haben wir jahrelang darauf gewartet und sollen am Ende, wo nun das erwartete Lehrbuch da ist, es nicht bekommen?! Das wäre unglaublich. Man wird von hier aus bestimmt nichts gegen die Einfuhr eines wissenschaftlichen Lehrbuchs haben. Schließlich sind es ja hier wie dort die gleichen Lehrlinge, Jungbuchhändler, Bibliothekare und Bibliotheken, denen damit gedient wird. Es gibt tatsächlich hier bislang kein gleiches oder auch ähnliches Werk, wo wäre auch der Mann ein solches zu schreiben. Wie sehr alle diese Interessenten darauf warten, wissen Sie ja selber. Man kann ja einem
Tischlerlehrling ohne Hobel auch nicht das Hobeln beibringen und das sollte doch auch auf den Buchhandel übertragen gelten! Darum nochmals, sehr geehrter Herr Markert: Sie sind vielleicht der einzige, der auch unseren jungen Kollegen ein brauchbares Handwerkszeug geben kann. Bitte vergessen Sie uns nicht und denken Sie auch bei der Auflagenhöhe an die weiten Absatzgebiete: Westdeutschland, Österreich, Schweiz etc.!“

Der Börsenverein ließ Karl Markert lange auf eine Antwort warten. Fast ein Jahr dauerte es: „Sie waren so freundlich, uns vor einiger Zeit ein Manuskript ‚Leitfaden für Antiquare’ vorzulegen. Wie Ihnen bekannt ist, müssen wir vor Einreichung einer Satzgenehmigung zwei Gutachten von Fachlektoren beiziehen. Wir haben dieser Vorschrift entsprochen und als erstes der Deutschen Buchhändler-Lehranstalt Ihre Arbeit vorgelegt. Das zweite Gutachten wurde von einem wissenschaftlichen Antiquar abgegeben. Beide kommen zu dem übereinstimmenden Urteil, dass es sich um eine äusserst interessante Arbeit mit umfangreichem und wertvollem Material handelt, die aber für Lehrlinge wegen ihres Umfanges nicht geeignet ist. Es wird darauf hingewiesen, dass man auf eine breite wissenschaftliche Darstellung verzichten und auf ein straff gegliedertes, nüchternes und auf den praktischen Gebrauch abgestelltes Handbuch zukommen solle, in dem Ihre zweifellos reichen und wertvollen Erfahrungen Ausdruck finden könnten. Allerdings müsste auch hier die gegenwärtige Situation des Buchhandels – vor allem in der DDR -, seine Funktion und seine Arbeitsmethode und auch das schöne Buch der Gegenwart berücksichtigt werden. Mit Unterstützung eines gewandten und kenntnisreichen Lektors dürfte es möglich sein, ein Lehrbuch zu schaffen, das in ideologischer und fachlicher Hinsicht den Bedürfnissen entsprechen wird. Der Umfang des Manuskriptes sollte 200 Seiten nicht überschreiten. Aus dem Gutachten des wissenschaftlichen Antiquars geht noch hervor, dass der Stoff wohl umfangreiche, tiefgehende, gesellschaftskritische Beziehungen zu Vergangenheit und Gegenwart bietet, dass Sie aber nach Meinung des Gutachters zu wenig darauf eingegangen sind. Weiter wurde darauf hingewiesen, dass es aus pädagogischen Gründen nicht zweckmäßig ist, eine sehr große Fülle von Einzelkenntnissen summarisch aneinanderzureihen. Bitte haben Sie die Freundlichkeit, uns mitzuteilen, ob Sie evtl. bereit wären, den Vorschlägen der Lehranstalt entsprechend, ein kurzes Lehrbuch zu schreiben, das mehr den pädagogischen Zwecken der Lehranstalt entspricht.“ Verärgert über einen derartigen „Kürzungsvorschlag“ schrieb Markert am 6. März 1953 dem Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler: „In Ihrem Brief vom 2. März teilen Sie mir mit, dass mein Lehrbuch für Antiquare für Lehrlinge nicht geeignet sei. Ich habe Ihnen nun schon seit 1947 oft genug mitgeteilt, dass ich dieses Buch nicht allein für Lehrlinge geschrieben habe, sondern besonders für junge Antiquare und Bibliothekare. Herr Heilmann hatte mir damals gesagt, dass das Lehrbuch von Wendt unbedingt beim Börsenverein erscheinen müsste und dass meines dann ein Jahr später erscheinen sollte. Sie schreiben nun weiter das [!] man auf ein praktisches Handbuch zukommen sollte, das ist es doch nun gerade, denn ich habe alles Material was ein Antiquar oder ein Bibliothekar braucht zusammengestellt. Mit diesem Buch hätten Sie so schon seit Jahrzehnten erwartetes Werk bringen können, das auch außerhalb der DDR erwartet wird. Ich erhalte immer wieder Anfragen von auswärtigen Antiquaren und Bibliothekaren ob der Erscheinungstermin noch nicht festgesetzt ist und auch voriges Jahr als ich zum Orientalistentag in Bonn war wurde ich bei meinem Besuch bei verschiedenen Bibliotheken immer wieder danach gefragt. Da Sie nun den Sinn des Buches nicht einsehen wollen bitte ich um Rücksendung des Manuskriptes. Dass [!] was Sie suchen ist ja inzwischen mit dem Buch von Wendt erschienen.“

Am 27. Mai 1953 wurde Karl Markert 65 Jahre alt. Im Börsenblatt des Deutschen Buchhandels (Frankfurter Ausgabe) erscheint eine kleine Würdigung hierzu von Bernhard Wendt. „[…] Erwarten dürfen wir in absehbarer Zeit ein Lehrbuch für
Antiquare […]“ Diesen Hinweis nimmt Dr. Ernst Hauswedell zum Anlass Karl Markert
zu kontaktieren: „[…] Aus dem Aufsatz von Herrn Wendt entnehme ich, daß Sie jetzt Ihr umfangreiches Lehrbuch für Antiquare im Manuskript abgeschlossen haben. Es würde mich interessieren, Ihr Manuskript kennenzulernen, und ich bin auch jederzeit bereit, es auf die Möglichkeit einer Veröffentlichung zu prüfen, falls die Herausgabe des Buches dort nicht möglich ist. Sie wissen wohl, daß ich mich inzwischen in größerem Umfang der Herausgabe von Fachbüchern zugewandt habe.“ Fast ein Jahr verging, bis eine Absage erfolgte. „Ich
habe die Frage, ob eine Veröffentlichung in absehbarer Zeit in meinem Verlag erfolgen könne, sehr eingehend geprüft, bin aber dann doch zu der Überzeugung gekommen, daß das Buch in weiten Teilen mit der Veröffentlichung von Bernhard Wendt übereinstimmt. Die Teile, die bei Ihnen ausführlicher behandelt werden, befassen sich überwiegend mit Themen, die zwar die Probleme des Antiquariats ergänzen, nicht aber unbedingt dazugehören, sondern auch in einzelnen Veröffentlichungen unseres Verlages, beispielweise in dem Buch von Hölscher, behandelt sind. Aus Äußerungen von Kollegen aus dem Antiquariat glaube ich zudem entnehmen zu dürfen, daß die Veröffentlichung von Wendt für die praktischen Bedürfnisse der nächsten Jahre ausreichen wird; ein weiterer Grund, der mich veranlaßte, von der Veröffentlichung abzusehen […]“

Etwa zwei Jahre später verfasste die Journalistin Liane Kluge für die Leipziger Ausgabe von ‚Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel’ ein Porträt von Karl Markert. Darin wurden Lebensleistung und das Engagement für die Lehrlingsausbildung gelobt. Auch das Thema Lehrbuch fand einen Hinweis: „Vollendet ist außerdem ein Lehrbuch für Antiquare, das vor allem reiches bibliophiles Wissen über das alte Buch vermittelt. Es wäre wirklich zu wünschen, daß dieses Werk trotz bestehender Schwierigkeiten noch erscheint. Genügend Interesse ist dafür bestimmt vorhanden, und es wäre nicht zu verantworten, das hier niedergelegte Wissen ungenutzt zu lassen für die Ausbildung des Nachwuchses.“

Im Jahre 1956 erschien von Markert ein Beitrag zum zukünftigen Berufsbild des
Antiquars in der DDR. Schon im Titel ‚Warum interessieren sich so wenig Jungbuchhändler für das Antiquariat?’ kündigte sich die Problematik der damaligen Nachwuchsförderung an. Für den Beruf Antiquar brauche man „Ruhe, Geduld, Ausdauer, Genauigkeit, vor allen Dingen Ordnungsliebe, geistige Aufnahmefähigkeit und systematisches Denken.“

Wirklich interessant ist hingegen die Schlussstelle des Textes, die mit keinem Wort weder die erste noch gar die inzwischen verbesserte zweite Auflage des Wendt’schen Lehrbuches erwähnt. „Der Antiquar kann sich die dazu erforderlichen Kenntnisse nur durch Selbststudium erwerben, ein Lehrbuch des Antiquariats hat es außer ein paar kleinen veralteten Versuchen nicht gegeben, im Lehrbuch des Deutschen Buchhandels wurde das Antiquariat gut, aber nur übersichtlich behandelt.“

Dies war unrichtig. Denn es gab ja zwischenzeitlich wieder das Lehrbuch von Bernhard Wendt in aktualisierter Auflage. Allerdings nur im „Westen“. Bewusst unterschlägt der Text dies, indem er suggeriert, ein (gültiges) Lehrbuch für den Antiquariatsbuchhandel habe es nie gegeben. Noch erstaunlicher ist jedoch, dass ein Autor, der jahrelang für ein „Lehrbuch“ kämpfte, sich nun dahin gehend äußerte, dass Berufskenntnisse nur durch ein Selbststudium
zu erwerben seien. Denn das bestehende Nachwuchsproblem führte er auf mangelnde Berufs- und Grundkenntnisse vorhandener Buchhändlergenerationen zurück: „Mögen diese Hinweise helfen, dass der Beruf des Antiquars endlich auch von den Verwaltungsstellen anerkannt wird und wir endlich wieder genug Nachwuchs bekommen, damit dieser schöne und für die Wissenschaft so wichtige Beruf nicht ausstirbt.“

In dem Zitat versteckte sich aber bereits ein weiteres Problem, das letztendlich zum Untergang des „Seltenheitsantiquariats“ der DDR beitragen sollte: Die gesellschaftlich- politische Akzeptanz des Berufsbildes Antiquar in einer sozialistischen Planwirtschaft. Eine (privat-) wirtschaftliche Existenzberechtigung wurde immer fragwürdiger. Stärker setzte sich nun bei „amtlichen Verwaltungsstellen“ der Gedanke durch, dass der Antiquariatsbuchhandel die (zukünftige) Aufgabe habe, mit alten Büchern in großen Mengen die Exportraten zu steigern und entsprechende Devisengeschäfte zu tätigen. Ein sozialistisches Plansoll musste erfüllt werden. Einen guten Einblick in derartige Vorgänge gab Bernt Ture von zur Mühlen: „Von den wenigen selbständig betriebenen Antiquariaten in der DDR abgesehen, […] sind die Antiquariate in Ostdeutschland Bestandteil des Volksbuchhandels in Leipzig, dem wiederum das Zentralantiquariat angegliedert ist. Von hier aus erfolgt über die Leitung im jeweiligen Bezirk die zentrale Steuerung und Planung, die Einstellung und Entlassung der Antiquare, deren Ausbildung, Weiterbildung und deren Kontrolle. Um Mietzahlungen und steuerliche Probleme brauchten sich die im Antiquariat angestellten Mitarbeiter nicht zu kümmern, das wurde über die jeweilige Bezirksleitung vom Volksbuchhandel besorgt. Dafür war der Leiter eines jeden Antiquariats verantwortlich für die Erfüllung des monatlichen und jährlichen Plansolls und des Exportsolls. Unter dem Plansoll ist der von der zuständigen Abteilung Planung vorgegebene Umsatz zu verstehen, der unter allen Umständen gemacht werden mußte. Das Exportsoll dagegen war der Betrag, der für die an das Zentralantiquariat nach Leipzig gelieferten und für den Export bestimmten hochpreisigen Waren errechnet wurde. Die Höhe von Plansoll und Exportsoll orientierte sich an den im Vorjahr erzielten Sollzahlen, die um eine vorgegebene Prozentzahl zu übertreffen war.“

Dieser „Ausverkauf“ an bibliophilen Altbeständen ins Ausland (vor allen Dingen Bundesrepublik Deutschland) verlangte weniger ein ‚Lehrbuch des Antiquariats’ noch gar dessen Spezialkenntnisse, als vielmehr ein gutes Organisationstalent und die Kenntnisse von Devisenbestimmungen. Mit traditionellem Antiquariatsbuchhandel, der wertvolle Sammlungen und Bestände aufbaut, erhält und pflegt, hatte dies immer weniger zu tun. Ein staatlich gelenkter„Markt“, der einen Warenkreislauf samt Nachschubmöglichkeiten derartig reduzierte bzw. regulierte, in dem er seltene und wertvolle Werke geradezu massenhaft verhökerte und den privaten Handel in ein Zwangskorsett sperrte, konnte auf Dauer nicht überleben.

Ein „Lehrbuch“ für Antiquare war überflüssig geworden. Die Inhalte, die darin gelehrt wurden, waren – aus der Sicht des Sozialismus - zwischenzeitlich nicht mehr zeitgemäß. Das Antiquariat, aber auch der restliche Buchhandel der DDR (Sortiment und Verlag), wurde immer stärker in ein gesellschaftliches „Notwendigkeitskonzept“ miteingebunden. In einem kapitalistischen Wirtschaftssystem hingegen war ein „Lehrbuch für Antiquare“ auch zukünftig sinnvoll. Denn von hier kamen Sammlungen immer wieder in einen profitablen Handelskreislauf zurück. Eine erneute Vermarktung verlangte eine professionelle Abwicklung und Bearbeitung durch sachkundige Antiquare. Ferner wurde damit auch der Fortbestand kommender Antiquariatsgenerationen gewährleistet. In der DDR jedoch war dies alles genau umgekehrt: Die in den Westen verkauften Bücher kamen niemals mehr zurück. Junge Antiquare hatten immer weniger Möglichkeiten, einen alten wertvollen Druck in Händen zu halten. Dadurch inflationierte sich die Idee eines Lehrbuchs immer mehr und immer schneller von selbst. Denn fast alle wertvollen Buchbestände waren über Jahrzehnte hinweg ins Ausland verkauft worden. Wozu dann überhaupt ein Lehrbuch noch?

Ein Manuskript schrumpft

Schon zu früheren Zeitpunkten überlegte man, ob es nicht sinnvoll wäre, das umfangreiche
Manuskript in Teilbänden erscheinen zu lassen. Diese Idee wurde aber schnell wieder aufgegeben, da die Verkäuflichkeit eines mehrbändigen Werkes, noch dazu als Fachbuch, als
zu gering eingeschätzt wurde. So traf sich am 9. März 1959 im Buchhändlerhaus in Leipzig eine kleine Kommission des Antiquariatsausschusses zum Thema: „Über die Herausgabe von Literatur über den Antiquariatsbuchhandel“. Jetzt wollte man keinen Leitfaden oder gar
ein Lehrbuch zum Antiquariat mehr herausbringen, sondern nur noch ein Handbuch mit
bibliographischen Hinweisen zu Nachschlagewerken im Antiquariatsbuchhandel.
Eine Idee und ein Manuskript waren geschrumpft. Unter den Anwesenden waren:
Otto Harrendorf (Zentrale Leitung des Volksbuchhandels, Leipzig), Karl Markert (Leipzig),
Walther Fiedler (Leipzig i. Fa. Emil Gräfe), Johannes Lischke (Universitätsbuchhandlung Rostock), Hans Reihe (Zentralantiquariat) und Frau Bodeit (VEB Verlag für Buch- und Bibliothekswesen, Leipzig). „Der Vorschlag, das Material des Kollegen Markert über Katalogisierung, Lagerkartei, Antiquariatskataloge und insbesondere über die Handbibliothek des Antiquars zu einer Art Handbuch zu erweitern, wird allgemein gebilligt. Der Vorschlag des Kollegen Fiedler, nur eine Auswahl des wichtigsten zu bringen, wird abgelehnt. Das Material soll so vollständig wie möglich sein, da gerade die nicht spezialisierten Antiquariate Nachschlagewerke brauchen. Das Werk soll auch für wissenschaftliche Bibliothekare brauchbar und exportfähig sein. Der Titel ist noch nicht festgelegt. Es soll sich jeder Gedanken darüber machen.“

Braucht ein Antiquar Kenntnisse über Wünschelruten?

In dem Ausschuss wurden auch Fragen zur Einteilung des Stoffes für die Handbibliothek, Ordnung der einzelnen Wissenschaften, Aufnahme der Titel, typografische Gestaltung,
Format der Aufnahmezettel und Transkriptionsregeln geklärt. Ein weiterer Besprechungstermin war für Mitte bis Ende April 1959 geplant.

Das Schlussprotokoll erwähnte das Thema Wünschelruten: „In einer ergänzenden Besprechung empfiehlt Kollegin Bodeit, zur Vermeidung unnützer Arbeit Herrn Dr. Kaiser um Stellungnahme zu bitten, ob bestimmte Gebiete, wie z.B. die Literatur über Wünschelruten trotz des Strebens nach Vollständigkeit und auch unter Berücksichtigung der Exportfähigkeit und des historischen Interesses nicht doch ausgeschlossen werden sollten.“

Das nächste Treffen der kleinen Kommission des Antiquariatsausschusses fand erst am
11. Januar 1960 statt. Diesmal ging es um Nachwuchsfragen aber auch erneut um inhaltliche
Fragen des alten Manuskriptes, das unter neuem Namen ‚Handbibliothek des Antiquars’ nun zirkulierte. „In der Aussprache über Ergänzungswünsche z. B. der Gutachter des Halleschen Antiquariats kam zum Ausdruck, daß nicht alles berücksichtigt werden kann. Es soll nicht ein Handbuch für alle Geistesschaffenden werden, sondern eines für Antiquare, das gleichzeitig den wissenschaftlichen Bibliothekaren als Handwerkszeug dienen kann. Es wird abgelehnt, eine umfassende Bibliographie für alle Wissenschaftler und Gelehrte zu schaffen.“

Das Problem war der Veröffentlichungstermin. „Wegen der Zeitpunkte der Veröffentlichung wird dem VEB Verlag für Buch- und Bibliothekswesen, als dessen Vertreter Kollege Roßbach erschienen war, nahegelegt, die Veröffentlichung trotz der Herausnahme aus dem Plan 1960 doch noch im Laufe dieses Jahres zu ermöglichen. Kollege Roßbach wird die Frage, ob eine Planänderung möglich ist, im Leitungskollektiv des Verlages besprechen. Sobald die Planänderung bei der VVB Verlage und beim Ministerium für Kultur beantragt wird, bittet er den Börsenverein um Unterstützung.“

Auch hier verging wieder eine Menge Zeit, bis sich das Ministerium für Kultur/Sektor Literaturpropaganda meldete. Am 13. September 1960 hieß es: „Um uns ein eigenes Bild über Ihr Manuskript ‚Fachbuch für Antiquare’ zu machen, möchten wir Sie bitten, uns Ihre Arbeit zuzusenden. Wir werden dann zu gegebener Zeit mit Ihnen über Ihr Manuskript sprechen
und festlegen, in welcher Form das Manuskript verwertet wird.“ Ob das Ministerium
sich noch einmal später gemeldet hatte, ist unbekannt.

Ein letztes Mal wurde das Thema ‚Lehrbuch für Antiquare’ von Bernhard Wendt in einem
Brief vom 30. September 1965 angesprochen: „[…] Ihr Manuskript für das ‚Lehrbuch’ ist zweifellos eine gute Grundlage, wenn auch mancherlei ergänzt werden müsste, denn es hat sich nach dem Kriege in der Berufswelt viel Neues ereignet. Wer aber soll das Buch oder
besser kann es bei Ihnen schreiben außer Ihnen? Es gehört doch eine sehr große Berufserfahrung dazu. Vor einiger Zeit las ich im Leipziger Börsenblatt, es gäbe kein Lehrbuch für Antiquare, das dürfte wohl auf Grund der Unterlagen nicht stimmen […]“

Bernhard Wendt empfand die Nichterwähnung seines Werkes in Markerts Aufsatz
als ärgerlich. Und dennoch sah er fast freundschaftlich über diesen Umstand hinweg.
Und damit enden die vorhandenen Quellen. Nur wenige Jahre später, am 10. Oktober 1969, starb Karl Markert in Leipzig. Die letzten Lebensjahre waren geprägt durch ein Herzleiden und zahlreiche Enttäuschungen. Er legte am 21. Oktober 1963 sein Amt als Vorsitzender des Antiquariatsausschusses nieder, einige Jahre später verließ er auch die Pirckheimer Gesellschaft, deren Vorstandsmitglied er jahrelang war. Hingegen erinnerte sich die DDR–Führung nochmals seiner Person: Als im Juni 1968 die „Wilhelm-Bracke-Medaille“ verliehen wurde, gehörte er zu den ersten Preisträgern in Silber. Erhalten geblieben ist eine handschriftliche Notiz: „Das Nichterscheinen ist für mich ein Zeichen von Missachtung meines Wissens, daher fühle ich mich in meiner Berufsehre gekränkt, denn mein Ansehen als Antiquar das ich über die Grenzen hinaus genieße ist dadurch gefährdet, denn den ausländischen Freunden sind die Gründe der Verzögerungstaktik des Verlages nicht bekannt.“

Nach Markerts Tod blieb das Manuskript zunächst bei der Witwe Edith Markert (1927-2002), die es kurz vor der „Wende“ an den letzten Geschäftsnachfolger des Antiquariats Hans-Peter Weinhold übergab. Als auch dieser im Herbst 2010 verstarb, verschwand das Manuskript plötzlich wieder und gilt seit dem als verschollen.

Bernhard Wendts Lehrbuch hingegen, das es in Ostdeutschland offiziell niemals gab,
existiert heute noch in einer aktualisierten Ausgabe und ist nach wie vor das einzige Werk zum Berufsbild des Antiquars geblieben.

In Vorbereitung einer Monografie zu Karl Markert und dem privaten Antiquariatsbuchhandel in der DDR bin ich für weiterführende Hinweise sowie Quellenmaterial dankbar. Michael Eschmann, Wilhelm-Leuschner-Str. 153, 64347 Griesheim. E–Mail: antiquariat.eschmann@t-online.de

Anmerkungen und Literaturhinweise:

Karl Markert (*1888 Leipzig – 1969 ebd.). Antiquar, Buchhändler, Publizist und Verleger. 1906 Beginn der
Lehre als Antiquar und Buchhändler in dem Leipziger Antiquariat Gustav Fock. 1908 –1914 „Wanderjahre“ als junger Antiquariatsgehilfe bei verschiedenen Unternehmen bzw. Einrichtungen: Eggimann & Co in Genf, Bangel und Schmitt in Berlin, Dorbon-Ainé in Paris, Viktoria-und-Albert-Museum in London und Jacques Rosenthal in München. 1919 Selbständigkeit als Antiquar in Leipzig. Kurz darauf auch Verlagsgründung „Markert & Petters“ mit dem Heidelberger Jugendfreund und Buchhändlerkollegen Kurt Petters. Der
Verlag spezialisierte sich auf Slavistica. 1927 Ausscheiden von Kurt Petters aus der Unternehmenstätigkeit.
1933 Verkauf von „Markert & Petters“ an das Antiquariat Otto Harrassowitz. Hier wird das Unternehmen
unter dem Namen „Markert & Petters“ weitergeführt. Markert, der auf Grund seiner Tätigkeit als Freimaurer
aber auch als Antiquar erhebliche Probleme mit dem Nationalsozialismus bekam, wurde Prokurist im Unternehmen Harrassowitz. Zu Markerts Engagement als Freimaurer vgl. Alexander Süß: Leipziger Freimaurer in Wort und Stein. Der Einfluss der Logen auf das Völkerschlachtdenkmal und die Verlagsstadt. Leipzig, Salier Verlag, 160 Seiten mit zahlr. Abbildungen, 2009 [„Der Humanist und Buchhändler Karl Markert", Seite 167–173 mit Abbildungen zu Edith und Karl Markert]. Nach 1945 privater Unternehmer und Antiquar in der DDR. Zahlreiche ehrenamtliche Tätigkeiten im Leipziger Börsenverein des deutschen Buchhandels, darunter auch Autor in der ostdeutschen Ausgabe der Fachzeitschrift ‚Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel’.
Vgl. Björn Biester: Nachbemerkung. IN: Aus dem Antiquariat.
Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler. Neue Folge 10, Nr. 1, S. 38, 2012.
Staatsarchiv Leipzig 21765. Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig (I), Nr. F 17014, Blatt 19.
„Ich habe das Buch absichtlich ‚Leitfaden’ genannt und nicht ‚Lehrbuch’, denn wenn wieder einmal bessere Zeiten eingetreten sind, wird vielleicht auf diesem Gebiet einmal ein großes Lehrbuch oder sogar ein Handbuch des Antiquariats nötig werden, dem mein Leitfaden als Grundstock dienen kann!“ vgl. Briefkopie von Karl Markert an Vittorio Klostermann vom 1. August 1951 [Sammlung Eschmann].
Zum genauen Erstellungszeitraum des Manuskriptes macht Karl Markert unpräzise bzw. widersprüchliche Angaben, in dem er sagt: „1946 [!] habe ich nun im Auftrag der Kreisgruppe Leipzig des Börsenvereins, angeregt durch Herrn Wunderlich (jetzt) in Worms, einen Leitfaden für Antiquare geschrieben. Dieser sollte 1947 [!] beim Börsenverein erscheinen, der kulturelle Beirat gab aber keine Bewilligung aus Gründen des Papiermangels, außerdem ohne es gesehen zu haben. Dieses war auch der Hauptgrund, weshalb der Börsenverein meinen Leitfaden in seinem Verlag auch später nicht bringen konnte. Der Börsenverein hatte seiner Zeit den Plan gefaßt, das Buch von Paschke-Rath neu herauszubringen und zwar in mehreren Bänden für Verlag, Sortiment etc. und dazu sollte als Band 3 mein Leitfaden erscheinen, aber auch dieses ist aus zeitbedingten Gründen wieder eingeschlafen.“ Briefkopie von Karl Markert an Vittorio Klostermann 27. Juli 1951 [Sammlung Eschmann]. In einem Brief an Bernhard Wendt heißt es hingegen: „Im Jahre 1947 [!] haben wir in einer Sitzung der Leipziger Antiquare am 16. September [1947] [!] nach langer Diskussion beschlossen ein Buch über das Antiquariat herauszubringen.“ Brief von Karl Markert an Bernhard Wendt vom 28. November 1949 [Sammlung Eschmann].
Handschriftliche Notiz von Karl Markert, o. D., Blatt 2 [Sammlung Eschmann].
Briefkopie von Karl Markert an Vittorio Klostermann vom 27. Juli 1951 [Sammlung Eschmann].
Inhaltsverzeichnis „Leitfaden für Antiquariats- und Exportbuchhändler“ [Sammlung Eschmann].
Bernhard Wendt (*1902 Berlin – 1986 Inning am Ammersee-Buch). Antiquar, Fachbuchschriftsteller und Publizist. 1918 Beginn der Lehre als Antiquar in dem Leipziger Antiquariat Bernhard Liebisch, wo er bis 1940 als Angestellter tätig war. In den Zwanzigerjahren zählte Wendt zu den Begründern der Jungbuchhandelsbewegung im Umkreis des lebensreformerischen Eugen Diederichs. Studium bei Gerhard Menz an der Leipziger Handelshochschule für Buchhandelsbetriebslehre. 1945 Umsiedelung nach München. Tätigkeit bei dem Antiquar Hans Koch, dem Nachfolger von Jacques Rosenthal. 1953 Gründung der eigenen Firma, die sich auf Humanismus und Reformation spezialisierte. Herausgeber und Redakteur der Börsenblatt-Beilage „Aus dem Antiquariat“; Wendt war ferner Autor zahlreicher Buch- und Zeitschriftenbeiträge, seine Lebensarbeit sollte eine Geschichte des internationalen Antiquariatsbuchhandels werden, für die er zwanzig Jahre lang Material gesammelt hatte, das leider in den Kriegswirren verloren ging. 1953 Gründungsmitglied der Historischen Kommission des Börsenvereins und 1956 bis 1976 Mitredakteur des ‚Archivs für Geschichte des Buchwesens’, Ehrenmitglied des „Verbands Deutscher Antiquare e.V.“; Perthes-Medaille des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels e.V.
Bernhard Wendt war Mitglied in der NSDAP seit 1. Mai 1937 mit der Mitgliedsnummer: 5807617. Vgl. E-Mail vom 17. Februar 2012 Bundesarchiv-Anfrage, GZ: R 2 - 2012/D-7185 [Sammlung Eschmann]. Ferner: Björn Biester. Wendt, Pressler, Unruh – Streifzüge durch 60 Jahre ‚Aus dem Antiquariat’. IN: Aus dem Antiquariat. Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler. Neue Folge 10, Nr. 2, S. 90 ff., 2012. Anmerkung: Wendts NSDAP – Mitgliedschaft wird auch mehrfach von Karl Markert aber auch vom Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig in den Briefdokumenten erwähnt.
Wendt, Bernhard: Der Antiquariatslehrling. Eine Einweisung in die buchhändlerische Arbeit. Mit 14 Abbildungen und einer Korrekturtabelle. Leipzig, Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig, S. 7, 1938.
Ebenda, S. 9.
Ebenda, S. 148. Ferner S. 20: „Die Veränderungen, die der Nationalsozialismus auf allen Gebieten hervorgerufen hat, sind auch im Antiquariat wirksam. Die Umgestaltung der Wissenschaft, der Einfluß neuer
Denk- und Forschungsmethoden bedeuten eine völlig andere Lagerpolitik als bisher. Es gilt klar zu erkennen, daß wir in einer Zeit von gewaltigem geschichtlichen Ausmaß leben, der gerade auch der Buchhändler verpflichtet ist. Die Jugend sieht neue Aufgaben und sie wird sie in Zukunft für das Antiquariat lösen, wenn
sie das Erfolgsgeheimnis der alten Antiquargeneration mitbringt: unerschütterlichen Arbeitseifer und ein gründliches Wissen.“
Dr. Max Albert Heß (1885-1948) Jurist, 1923 Geschäftsführer und seit 1925 Generaldirektor des Börsenvereins. Er gab 1942 ein ‚Lehrbuch des deutschen Buchhandels’ in 8. Auflage beim Verlag des Börsenvereins heraus. Zu Heß’ politischer Funktion vgl. Stephan Füssel/Georg Jäger/Hermann Staub/Monika Estermann (Hg.): Der Börsenverein des Deutschen Buchhandels 1825-2000. Ein geschichtlicher Aufriss. Frankfurt am Main: Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. 2000. Aber auch die kritischen Anmerkungen von Otto Seifert hierzu: http://www.iaslonline.lmu.de/index.php?vorgang_id=2405.
Brief von Karl Markert an den Vorstand des Börsenvereins der deutschen Buchhändler in Leipzig, vom 1. Dezember 1949 [Sammlung Eschmann].
Brief von Bernhard Wendt an Karl Markert vom 24. November 1949 [Sammlung Eschmann].
Ebenda. Anmerkung: Die Durchsicht der Leipziger Ausgaben vom Börsenblatt ergab keinen Hinweis auch auf eine spätere Rezension des Wendtschen Werkes. Die Vorstellung von Bernhard Wendt, dass sein Buch
in einer „sozialistischen“ Fachzeitschrift besprochen werden könnte, erscheint rückblickend etwas (politisch) „naiv“.
Brief von Karl Markert an Bernhard Wendt vom 28. November 1949 [Sammlung Eschmann].
Brief von Karl Markert an Bernhard Wendt vom 7. Dezember 1949 [Sammlung Eschmann].
Brief von Karl Markert an Franz Steiner vom 1. Dezember 1949 [Sammlung Eschmann].
Brief von Franz Steiner an Karl Markert vom 8. Februar 1950 [Sammlung Eschmann].
Vittorio Klostermann (1901–1977), Antiquar und Verleger. 1924 Anstellung im Antiquariat Cohen.
1. Oktober 1930 Geschäftsgründung eines Verlages und Antiquariats in Frankfurt/Main mit den Schwerpunkten: Rechtswissenschaft, Romanistik, Germanistik und Bibliothekswesen.
Brief von Vittorio Klostermann an Karl Markert vom 30. Juli 1951 [Sammlung Eschmann].
Brief von Vittorio Klostermann an Karl Markert vom 27. November 1951 [Sammlung Eschmann].
Altenhein, Hans: Der geteilte Buchhandel 1945 bis 1990. IN: Aus dem Antiquariat.
Zeitschrift für Antiquare und Büchersammler. Neue Folge 10, Nr. 1, S. 17–27, 2012.
Vgl. Wendt, Bernhard. Der Antiquariats-Buchhandel. Eine Fachkunde für junge Antiquare.
3. überarbeitete und erweiterte Auflage. Ernst Hauswedell, Hamburg, S. 21, 1974:“ Jüdische
Antiquare, fast alle von hohem internationalem Ruf, verloren ihre Betriebe und mußten emigrieren, sofern sie nicht ein noch härteres Los traf. Die Bedeutung des deutschen Antiquariatsbuchhandels wurde dadurch weitgehend rückläufig. Namhafte jüdische Firmen, die ihn in Jahrzehnten zu weltweitem Ansehen mit verholfen hatten, etablierten sich im Ausland erneut, vor allem in USA, Großbritannien und Holland, und gewannen ihren alten Glanz zurück, während Deutschland einen großen Teil seiner Elite verloren hatte.“
Hans Baier: Zur Entwicklung des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig zum Verband der Verleger und Buchhändler der Deutschen Demokratischen Republik. IN: Beiträge zur Geschichte des Buchwesens, Bd. VII. Hrsg. v. Prof Dr. Helmut Rötzsch und Dipl.-Wirtsch. Karlheinz Selle im Auftrag der Historischen Kommission des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig. VEB Fachbuchverlag Leipzig. S. 87 ff., 1975.
Briefkopie Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler zu Leipzig an Karl Markert vom 2. März 1953 [Sammlung Eschmann].
Briefkopie von Karl Markert an Verlag des Börsenvereins der deutschen Buchhändler vom 6. März 1953 [Sammlung Eschmann].
B.W. [d. i. Bernhard Wendt]: Karl Markert 65 Jahre alt. IN: Börsenblatt für den
Deutschen Buchhandel (Frankfurter Ausgabe), Nr. 68, S. 429, 25. August 1953.
Brief von Dr. Ernst Hauswedell & Co an Karl Markert vom 29. August 1953 [Sammlung Eschmann].
Brief von Dr. Ernst Hauswedell & Co an Karl Markert vom 15. Juni 1954 [Sammlung Eschmann].
Kluge, Liane: Unser Porträt der Woche: Antiquar Karl Markert. IN: Börsenblatt für den
Deutschen Buchhandel (Leipziger Ausgabe) Nr. 15, S. 291 – 292, 9. April 1955.
Markert, Karl: Warum interessieren sich so wenig Jungbuchhändler für das Antiquariat?
IN: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (Leipziger Ausgabe), Nr. 33. Beilage: Jungbuchhandel 8, S. 29, 1956.
Mühlen, Bernt Ture von zur: Anmerkungen zum Antiquariatsbuchhandel in der Deutschen Demokratischen Republik. IN: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel, Frankfurter Ausgabe, Nr. 52, (Beilage) Aus dem Antiquariat, A 239–241, 29. Juni 1990.
Vgl. hierzu Heinrich Becker: Der Börsenverein – seine neuen Aufgaben und Funktionen. IN: Börsenblatt
für den Deutschen Buchhandel Nr. 33, (Leipziger Ausgabe), S. 572 ff., 16. August 1952: “In Verlegerkreisen haben wir oft darüber gesprochen, daß wir unsere Bücher auf das Wissensbedürfnis und das Aufnahmevermögen einstellen müssen, das die Werktätigen von morgen und übermorgen haben werden. Das Gleiche gilt entsprechend auch für den Sortimenter.“ Anmerkung: Dies dürfte auch auf die Rolle des
Antiquariatsbuchhandels übertragbar gewesen sein. Vgl. hierzu: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Nr. 7 (Leipziger Ausgabe), S. 79, 17. Februar 1951: „Grimmaer Buchhändlerkollektiv für Lizenzierung […] In der Diskussion über das Weiterbestehen des Antiquariats war man sich einig, daß lediglich für das wissenschaftliche Antiquariat, für Klassiker und Werke über Kunst noch eine gesellschaftliche Notwendigkeit vorliegt. Ebenso überflüssig sind die älteren Buchbestände in den Leihbüchereien geworden, die heute fast vollständig durch neue, fortschrittliche Werke ersetzt werden sollten. Die Leihbüchereiinhaber im Kreis Grimma werden künftig von sich aus laufend ältere, uns heute nichts mehr bedeutende Bestände entfernen und durch zeitgemäße Literatur ersetzen.“
Vgl. Björn Biester: Deutsch-deutsche Büchergeschäfte 1945 bis 1989. Anmerkungen zur Rolle des Antiquariatsbuchhandels. IN: 95. Deutscher Bibliothekartag in Dresden 2006. Netzwerk Bibliothek. Hrgs. von Daniela Lülfing. Frankfurt am Main, S. 249 – 257, 2007. Ferner: Heidi Karla: Antiquariatsbuchhandel in der SBZ/DDR 1945–1962. IN: Aus dem Antiquariat 10, A 529–542, 1997.
Niederschrift über die Besprechung der kleinen Kommission des Antiquariatsausschusses am 09. März 1959 im Buchhändlerhaus in Leipzig über die Herausgabe von Literatur über den Antiquariatsbuchhandel [Sammlung Eschmann].
Ebenda, S. 3.
Niederschrift über die Sitzung der kleinen Kommission des Antiquariatsausschusses für Nachwuchsfragen am 11. Januar 1960 [Sammlung Eschmann].
Ebenda, S. 2.
Brief der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik, Ministerium für Kultur an Karl Markert vom 13. September 1960 [Sammlung Eschmann].
Brief von Bernhard Wendt an Karl Markert vom 30. September 1965 [Sammlung Eschmann].
Staatsarchiv Leipzig 21766. Börsenverein der Deutschen Buchhändler zu Leipzig (II), Nr. 38, Blatt 13.
E-Mail von Dr. Herbert Kästner vom 14. April 2012: “Am 5. September 1966 hat es einen Wechsel im Leipziger Vorstand gegeben (Rudolf Vogel löste K. M. ab), den Karl Markert, obwohl zu diesem Zeitpunkt bereits hoch betagt, offenbar als Affront aufgefaßt hat. Aus dieser Verärgerung heraus erklärte er seinen Austritt schriftlich. Am 17. Mai 1967 schrieb ihm Bruno Kaiser (der damalige Vorsitzende der Pirckheimer-Gesellschaft): ‚Mit Bestürzung habe ich erfahren, daß Sie die Pirckheimers verlassen haben. Wahrscheinlich haben die Leipziger trotz meiner ausdrücklichen Forderung beim Beginn des Versuchs einer Neuarbeit sehr ungeschickt und wohl auch vielleicht verletzend operiert und, obwohl mich das ganz unschuldig findet, bitte ich Sie dafür sehr herzlich um Entschuldigung.’ […] Somit ist also sicher, daß der Austritt im Zeitraum vom 6. September 1966 bis 15. Mai 1967 vollzogen wurde. Wegen der jährlichen Beitragszahlung (jeweils bis 31. März) bedeutete das formal, daß Markerts Mitgliedschaft mit dem 31. Dezember 1966 endete.“
Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel (Leipziger Ausgabe) Nr. 23, S. 403 ff., 4. Juni 1968.
Karl Markert handschriftliche Notiz o.D., Blatt 11 [Sammlung Eschmann].
E–Mail von Herbert Kästner an Michael Eschmann vom 5. Mai 2011.
Vgl. Brief von Gerd Hiersemann an Michael Eschmann vom 13. Februar 2012: “Weiter fragen Sie nach der Auslieferung des Titels Wendt in die ehemalige DDR: westliche Bücher – so wie anderes auch – durften nach den Gesetzen der DDR dorthin nicht geliefert werden ohne Genehmigung des dortigen Wirtschaftsministeriums.“
Wendt, Bernhard und Gerhard Gruber: Der Antiquariatsbuchhandel. Eine Fachkunde für Antiquare und Büchersammler. 4. von Gerhard Gruber völlig neu bearbeitete Auflage. Hauswedell, Stuttgart, IX, 227 S., 2003.(ISBN 3-7762-0503-2).
* Mein Dank gilt: Dr. Björn Biester, Sarah Diag, Gerd Hiersemann, Herbert Kästner, Dr. Thekla Kluttig, Klaus Medeke, Alexander Süss, Werner Schroeder, Hermann Staub und Prof. Dr. Reinhard Wittmann für die Hilfe und Unterstützung zu meinen Karl Markert Forschungen.

Antiquarius

Literaturkritiken und Diskussionen dazu

#24 von joesachse , 09.12.2013 18:43

Habe hier mal Ordnung geschaffen und die Literaturkritiken von Henry77 hier konsolidiert.
Viel Spaß beim lesen und Diskutieren.


Jede Geschichte hat vier Seiten. Deine Seite, Ihre Seite, die Wahrheit und das, was wirklich passiert ist.(Bruce Sterling)

 
joesachse
Admin
Beiträge: 6.672
Registriert am: 16.07.2006


RE: "Schwarzbuch Waffenhandel" / Jürgen Grässlin

#25 von kreutzer_ , 09.12.2013 18:53

Zitat von henry77 im Beitrag #8

Jürgen Grässlin verweist auf den Seiten 22 und 23 auf die Potsdamer Konferenz, die vom 17. Juli bis zum 2. August 1945 stattfand. Dort wurde u.a. die völlige Abrüstung und Entmilitarisierung Deutschlands...

Doch Wort und Tat klafften auseinander.




Ja, das stimmt.

Wie bewertest du in diesem Zusammenhang deinen Eintritt in die "Kasernierte Volkspolizei" und deine berufliche Tätigkeit als Agitator und Lohnschreiber von NVA-Publikationen?

kreutzer_  
kreutzer_
Beiträge: 541
Registriert am: 24.08.2013


RE: Literaturkritiken und Diskussionen dazu

#26 von Ringo , 05.04.2015 09:16

Ist nicht ganz mein Geschmack, was das Buch angeht

Ringo  
Ringo
Beiträge: 25
Registriert am: 05.04.2015


RE: Literaturkritiken und Diskussionen dazu

#27 von Ilrak , 20.10.2016 08:51

Mal zurück zur Trivialliteratur:
Meine Tochter liebt die doch recht harten Krimis von Cody McFadyen. Deswegen war die Veranstaltung gestern, die Präsentation des neuen " Die Stille vor dem Tod " Pflicht.
Vorgelesen wurde von Anneke Kim Sarnau.
Im Rostock Polizeiruf kommt sie ja immer ziemlich abgedruckt rüber, ist aber doch recht attraktiv😎.


Die Meinung ist frei.
Doch zur Not hab ich 'ne Wumme.

( Freygang, "Der bewaffnete Blues" )

Ilrak  
Ilrak
Beiträge: 3.077
Registriert am: 28.10.2009


RE: Literaturkritiken und Diskussionen dazu

#28 von Rennoade , 16.01.2017 10:49

Schaut wer von euch gerne den Tatort?

 
Rennoade
Beiträge: 47
Registriert am: 10.11.2016


RE: Literaturkritiken und Diskussionen dazu

#29 von Gelöschtes Mitglied , 16.01.2017 17:25

Zitat von Rennoade im Beitrag #28
Schaut wer von euch gerne den Tatort?

Was deine Frage mit dem Thema des Threads zu tun hat erschließt sich sicherlich nur dir!


__________________________________________________
"Demokratie ist die Diktatur der Dummen"
Friedrich von Schiller (1759 – 1805)


RE: "Auf der Sonnenseite" - ein lesenswertes Buch von Franz Alt

#30 von ChristinaTina , 03.08.2017 19:15

Zitat von Smithie23 im Beitrag #3
Wer die Telekom-Aktie aber seeehr lange gehalten hat und nicht gleich panisch reagiert hat, konnte sich aber zumindest über die Jahre über eine ordentliche Dividende freuen ... das sollte man nicht vergessen zu erwähnen !

Dieses Glück hatte ich leider nicht...

ChristinaTina  
ChristinaTina
Beiträge: 21
Registriert am: 01.08.2017


   

Infos zum Industriemeister in Metall
Wo kauft ihr Möbel gerne ?


Dieses Forum möchte Menschen zusammenführen, Aufklärungsarbeit leisten und ein gesamtdeutsches Gefühl fördern.
Wer uns unterstellt "wir trauern alten Zeiten hinterher", hat die Mission der Community leider nicht verstanden.
Wir verzichten auf übertriebene Ostalgie und freuen uns über neue Meinungen aus Ost & West und Nord & Süd.

Startseite  |   Die Idee  |   Die Geschichte des Forums  |   Die Regeln