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RE: Homo oeconomicus: Gartenzwerg oder Klassenkampf

#16 von WELLO , 18.03.2008 23:18

Hey Joe,
also der olle Marx hat die Bedürfnisse auch schon gesehen, aber offenbar eher als Objekt der Manipulation denn als zentralen Antrieb wirtschaftlichen Handelns.

Eigentlich sollte sich jeder von uns schon sehr frühzeitig die Frage stellen:
Was brauche ich wirklich, was nicht?
Hierzu gibt es ein Buch von Hildegard Ressel mit einem ähnlichen Titel - kann ich nur jedem empfehlen!
http://www.amazon.de/Was-wirklich-brauch...05874717&sr=1-2

Das ist der erste persönliche Schritt, sich von den Manipulationen der Industrie unabhängig zu machen. Ich brauche sicher keine 20 Kühlschränke oder 35 Anzüge oder 10 Autos etc. Du hast ja sehr bekannte Kampagnen aufgezählt, da kann ich Dir nur zustimmen - sie versuchen es immer wieder, solange sie auf keinen massiven Widerstand stoßen. Damit meine ich jetzt keiner naiven Protestaktionen, wie Sprechchöre oder Lichterketten etc. Das muss auf der gleichen Schiene abgehen.

"Konsumentenfirmen" gibt es als Vorläufer schon lange - beispielsweise den ADAC; aber der reagiert bisher nur auf Angebote der Autoindustrie, hebt oder senkt in seinen Testberichten symbolisch den Daumen. Er ist in einer passiven Rolle. Ist ja nicht verkehrt - aber er müsste sein Rollenverständnis und damit seine Aufgabenpalette ändern/erweitern von einer bisher passiven in eine aktive Rolle im Sinne seiner Mitglieder. Der ADAC könnte beispielsweise seine Mitglieder befragen über ihr jeweils ideales Auto - nach Altersgruppen etc., könnte Prototypen daraus fertigen und testen; wenn die fertig sind, könnte er sie den Autofirmen anbieten. Wenn die sich an diese ADAC - Spezifikationen halten würden, wäre ihnen der Verkaufserfolg sicher - und das auch ganz legitim.

An dieser Stelle möchte ich mit einem weit verbreiteten Vorurteil aufräumen, nämlich dem von der vermeintlichen Unmoral der maximalen Profitgier der bösen Kapitalisten. Das ist ja ein altbekannter terminus technicus aus dem Textbausteinkasten der sozialistischen Wort- und Propagandagestalter! Alle Welt plappert ihn nach und denkt sich nix dabei - brav, ihr Sklaven!

Also es geht schlicht und ergreifend um den Gewinn, auf englisch Profit. Ist der Gewinn schon was Schreckliches, so wird einem bei dem kapitalistischen ausländischen Unwort Profit sofort speiübel!! Sooviel stinkender, schnöder Mammon auf einen Haufen...! :-)))

Was ist der Gewinn? Ganz einfach:
Verkaufserlös minus Kosten gleich Gewinn. Sind die Kosten höher als der Erlös, spricht man von Verlust. In Deutschland fallen Steuern auf den Gewinn an; falls nach der Zahlung von Steuern noch was übrig bleibt, heißt der Rest Gewinn nach Steuern.

Da ja der Gewinn was furchtbar Böses ist, muss es demnach zwingend logisch sein, dass eine gute Firma Verluste macht, oder!?? Und jetzt brauche ich noch jemand, der mir erklärt, wie Wachstum, Investitionen in Betriebsanlagen etc. und Sicherheit der Arbeitsplätze bei dauerhaften Verlusten sichergestellt werden soll. (In der DDR - Planwirtschaft ging sowas eine Zeitlang: In der Wohnungswirtschaft waren die Kosten jahrzehntelang höher als die Erlöse. Der Staat musste immer zuschießen, und das Geld fehlte dann natürlich woanders. Bis auch der Staat Pleite machte - ähnlich wie manche US - Bank derzeit...)

So eine "gute" Firma war übrigens auch die AEG. Sie hatte tolle Produkte, aber ein miserables Finanzmanagement. Eines schönen Tages war Schluss mit lustig. Inzwischen ist die alte AEG - Zentrale in Frankfurt abgerissen. Und die Mitarbeiter? Die konnten auf die Straße gehen, die kann man ja hin und her schieben wie die Sklaven...! Ja, da fehlte der AEG ein bisschen Profit, auf deutsch: Gewinn...

In unserem fiktiven Beispiel des ADAC - Autos sollte sichergestellt sein, dass diejenige Autofirma, die das konsumentenfreundliche Auto baut, auch Gewinne damit macht - durch hohe Stückzahlen! Durch ein bedarfsgerechtes Auto werden Arbeitsplätze gesichert - und alle wären zufrieden - fast... Jetzt müsste die Autofirma nur noch allen Belegschaftsmitgliedern gehören! Sie soziale Marktwirttschaft war schon kurz davor, genau dieses umzusetzen... Jetzt hat Herr Köhler/Bundespräsident dieser Idee nochmal nachgeholfen - zu Recht! Der Fortschritt ist manchmal eine Schnecke... :-))


Gruß Wello

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RE: Homo oeconomicus: Gartenzwerg oder Klassenkampf

#17 von joesachse , 25.03.2008 21:48

Hallo Wello,

ich halte es für falsch, im Zusammenhang mit den Begriffen die Attribute GUToder BÖSE ins Spiel zu bringen, ich habe jede Bewertung dieser Art bewusst vermieden (wenn mir's nicht aus Versehen doch mal passiert ist).

Es ist zum Beispiel einfach so, dass der Gewinn höher ist, wenn ich weniger Lohn zahle. Dass ist ein Widerspruch, den ich für gut, schlecht, ungerecht, notwendig oder wie auch immer halten kann, er ist einfach objektiv da.

Dein Beispiel mit der AEG beschreibt übrigens auch nur, was olle Marx schon analysierte: Das Streben nach maximalem Gewinn kommt nicht aus der persönlichen Stimmung des Unternehmers heraus, sondern wenn er dies nicht macht, ist die Strafe der Untergang seines Unternehmens!!!

Gruß
JoerSachse

 
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RE: Homo oeconomicus: Gartenzwerg oder Klassenkampf

#18 von WELLO , 26.03.2008 11:32

Hallo Wello,

ich halte es für falsch, im Zusammenhang mit den Begriffen die Attribute GUT oder BÖSE ins Spiel zu bringen, ich habe jede Bewertung dieser Art bewusst vermieden (wenn mir's nicht aus Versehen doch mal passiert ist).
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Stimmt. Sollte man vermeiden!

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Es ist zum Beispiel einfach so, dass der Gewinn höher ist, wenn ich weniger Lohn zahle. Dass ist ein Widerspruch, den ich für gut, schlecht, ungerecht, notwendig oder wie auch immer halten kann, er ist einfach objektiv da.
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Das ist einfach ein Zusammenhang, aber kein Widerspruch. Kosten und Gewinn sollten in einem vernünftigen Gleichgewicht stehen, wobei die jeweiligen Marktbedingungen für die Kostenarten ausschlaggebend sind.

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Dein Beispiel mit der AEG beschreibt übrigens auch nur, was olle Marx schon analysierte: Das Streben nach maximalem Gewinn kommt nicht aus der persönlichen Stimmung des Unternehmers heraus, sondern wenn er dies nicht macht, ist die Strafe der Untergang seines Unternehmens!!!
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Also, der Gewinn ist weder gut noch böse, sondern einfach notwendig, damit die gesamte Firma überleben kann.

Was den Unterschied macht: Hat die Firma eine bedarfsgerechte Strategie oder eine ausschließlich kapitalorientierte? Es gibt beide Sorten Firmen; bei letzteren besteht die Tendenz, nur noch aus egomanischer Geldgier zu handeln, wobei die Firma dann keinerlei Rücksichten mehr nimmt auf Kunden, Lieferanten, Aktionäre, Mitarbeiter, Geldgeber...
Und genau da setzt ja auch die Kritik an.

Gruß Wello

WELLO  
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RE: Homo oeconomicus: Gartenzwerg oder Klassenkampf

#19 von joesachse , 26.03.2008 21:50

Ich kann mir keine kapitalorientierte Strategie vorstellen, die nicht marktgerecht und damit bedarfsgerecht sein muss, wenn sie Erfolg haben und damit ihr Kapital vermehren will. Dass dabei mit genügend Geld der Bedarf erst erzeugt wird (wie jetzt mit vielen Öko-, Bio-, Umwelt-, Klimaschutz-Produkten), ist genau so legitim.

Eine wichtige Komponente der Marktwirtschaft ist auch der Konkurrenzkampf, ohne den der Markt nicht funktionieren kann. Außerdem ist es dabei genauso logisch, dass nicht alle nur gewinnen können. Also gehören Verlierer, sprich insolvente Unternehmen jeder Größenordnung einfach fest zum System. Insofern ist der Jammer der dort Beschäftigten sehr zu verstehen, der Jammer der Politiker aber einfach nur heuchlerisch. Wer JA zur Marktwirtschaft sagt, sagt JA zu Insolvenzen und Firmenpleiten.

JoeSachse

 
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