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RE: Zukunft des Kapitalismus?

#16 von Quintus ( gelöscht ) , 20.01.2007 20:47

Hallo, Thor!

In Antwort auf:
a) Stärkung des Kapitalismus durch deutlichere Trennung der Klassen. Die
dadurch entstehenden Probleme (Armut, keine Kaufkraft der Bevölkerung und
daher Schwächung der Produktion, etc.) wird durch den flexibleren
Mittelstand kompensiert.


Die Ärmeren werden immer so alimentiert, daß sie überleben können – auch das entfesselte Kapital kann sich im ach so reichen Europa keine Hungertoten leisten. Die Binnenkaufkraft spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, weil zumindest Deutschland so viele Waren produziert, daß diese exportiert werden müssen, weil sie im Binnenland gar nicht mehr abgesetzt werden können. Das flexible mittelständische Unternehmen spielt auf den Exportmärkten die Rolle des Ausputzers und hält so das gesamte System (als System) am Leben. Ich sage hier bewußt „mittelständisches Unternehmen“ und nicht: Mittelstand oder Mittelschicht, weil ich die soziologische Kategorie ausdrücklich nicht meine. Auch meine ich keine „Stärkung des Kapitalismus“, wenn ich die Rolle des mittelständischen Unternehmens hervorhebe, sondern nur die Stützung und Erhaltung des Kapitalismus, der ja in seinen Grundfesten gar nicht erschüttert ist, sonst nähmen wir doch eine bundesweite Loyalitätskrise wahr.

In Antwort auf:
b) Die untere Klasse, die Armen also, werden keinen Aufstand proben, weil
sie zu unorganisiert sind.


Um sich zusammenzurotten, bedarf es auch einer gewissen Organisationskraft, doch um eine dauerhafte Organisation zu schaffen, bedarf es des Organisationstalents und (mindestens) eines Ziels. Welches Ziel eint die Armen? Nicht mehr arm zu sein.
Solange die Vorstellung noch allgemein geteilt wird, daß das der oder die Einzelne aus eigener Kraft schaffen könne, werden der individuelle Traum vom Reichtum und der Neid gegen solche, die ein wenig mehr haben als man selbst, dafür sorgen, daß dieses Ziel immer nur vereinzelt verfolgt wird – ob auf legalem oder illegalem Wege, spielt dabei keine Rolle.

In Antwort auf:
Quintus, habe ich dich richtig verstanden, dass du eine Veränderung der
politischen Ideologie (hier: der "westliche" Staat als Pickel des
Kapitalismus) bzw. Wirtsschaftsidee nicht für möglich hälst, weil der
Mittelstand (SPD: die politische Mitte?) die Gesellschaft und somit den
Staat stabil hält und die unteren Stände (blöde Begriffe!) lieber jammern
(rappen) als sich politisch zu organisieren, und wenn sie sich politisch
organisieren, dann in Fleischwolf-Parteien?


Nein, das hast Du nicht richtig verstanden. Es ist immer die Frage, wer eine Ideologie oder Idee teilt. Dazu müssen Idee bzw. Ideologie bis zu einem gewissen Maße auch verstanden werden. Darum ging es mir aber gar nicht, sondern mich interessierten nur die Fragen, warum das kapitalistische System bisher so wunderbar alle seine Krisen überstanden hat und welche Kräfte zu seinem Überleben beigetragen haben. Dabei sei es eine Nebenfrage, ob der Rap künstlerischer Ausdruck einer Klasse(nlage) ist.

In Antwort auf:
Würde dieses Netz verschwinden (Hartz IV?), würde sich
vielleicht wieder soetwas wie revolutionäres Potential entwickeln können.


Diese Hoffnung teile ich, wie gesagt, nicht, weil den Armen z.B. die Infrastruktur fehlt, sich effektiv zu organisieren. Ein Vorteil des Kapitalismus ist seine Lernfähigkeit, die man nicht unterschätzen sollte. Entweder wird man durch die Entwicklung einer billigen, aber süchtigmachenden Droge dafür sorgen, daß die Armen auf keine dummen Gedanken kommen, oder man verschärft die polizeilichen Maßnahmen, schränkt individuelle Freiheitsrechte ein und sperrt jene widerständigen Elemente in Hochsicherheitsknäste, die den Verlockungen der Ablenkungs- und Verblendungsindustrie nicht erliegen. Jedenfalls wird alles unternommen werden, um die Entwicklung eines revolutionären Potentials zu verhindern. Dein Vertrauen, daß das „Sein das Bewußtsein“ bestimme, teile ich nur in einer Richtung: bei der Analyse. Die Pauperisierten waren es jedenfalls historisch eher nicht, die Revolutionen initiierten. Handlungsanleitend im Sinne von revolutionär scheint die gesellschaftliche Lage für die Masse der Armen nicht zu sein. Das schließt Hungerrevolten nicht aus, aber diesen begegnet das jeweils herrschende System mit den klassischen Mitteln der Unterdrückung und anschließend ein wenig Wohlfahrt für den weniger rebellischen Rest.

Es grüßt
Quintus


Quintus

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#17 von joesachse , 20.01.2007 21:47

Hallo Quintus,

meine Hochachtung dafür, am Samstagabend diese Diskussion auf hohem Niveau weiterzuführen.

Ich will hier einfach mal ein paar Thesen aufstellen, die uns vielleicht bei näherer Diskussion weiterbringen können:
1. Die Ware Arbeitskraft verliert massiv an Bedeutung, denn erstens gibt es ein weltweites Überangebot und zweitens wird mit fortschreitender Entwicklung der Technik der Aufwand an Arbeitskraft in der Produktion immer geringer. Wohin wird dies führen?
2. Den klassischen Kapitalismus haben wir noch in den mittelständischen Unternehmen, aber gleichzeiitig haben wir eine Struktur in der Wirtschaft wo in großen und auch immer mehr kleineren Unternehmen das internationale Kapital das Sagen hat. Der Einfluß von Fondsgesellschaften und Banken ist da schon gigantisch, wenn auch meist im Verborgenen. Auf diese Strukturen hat ein nationaler Staat aber nur geringen Einfluß. Wenn der Staat seiner Aufgabe, dem Kapital optimale Bedingungen zu seiner Vermehrung zu schaffen, nicht nachkommt, geht das Kapital im einfachsten Fall wo anders hin. Im extremeren Fall wird wird der Staat so verändert, dass alles wieder passt. Insbesondere in unserer heutigen Zeit, in der die politische Macht der Massenmedien aus meiner Sicht außerordentlich groß ist, ist dafür nicht mal ein Putsch nötig.
3. Wir haben in der Bundesrepublik tatsächlich einen relativ stabilen Kapitalismus (trotz RAF und Terror und Massenarbeitslosigkeit und...). Verantworlich dafür ist ein Grundgesetz, welches bisher immer noch weitgehen stabil blieb, vielleicht auch aus den Erfahrungen mit dem 3.Reich. Und das Bundesverfassungsgericht macht seinen Job, die dort verankerten Grundrechte in Einzelfällen immer wieder gegeneinander abzuwägen, doch ziemlich gut. Bedenlich ist da schon eher, dass der Staat in den letzten Jahren immer häufiger die Grenzen der Verfassung auslotete oder auch überschritt und dort korrigiert werden musste. Noch funktioniert das Ganze, aber wie lange?
4. "Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten, sie haben eine Welt zu gewinnen. (Marx, Manifest)
Bei uns sind wir davon noch weit entfernt, noch haben auch Arbeitslose was zu verlieren. In vielen anderen Ländern aber kämpfen die Menschen um das nackte Überleben, mann muss sich nur die Flüchtlinge ansehen....Mit Harz IV sind wir allerdings da auch schon "weiter" im Abstieg, allerdings verhungert noch keiner...

So, das waren spontan ein paar Gedanken oder auch Sorgen als weitere Anregung zur Diskussion.(geschrieben bei einem leckeren spanischen Rotwein)

Gruß
JoeSachse


 
joesachse
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RE: Zukunft des Kapitalismus?

#18 von Quintus ( gelöscht ) , 21.01.2007 22:45

Hallo, Joe!

In Antwort auf:
1. Die Ware Arbeitskraft verliert massiv an Bedeutung, denn erstens gibt
es ein weltweites Überangebot und zweitens wird mit fortschreitender
Entwicklung der Technik der Aufwand an Arbeitskraft in der Produktion
immer geringer. Wohin wird dies führen?


In der Tendenz, d.h., bei der Betrachtung industrieller Produktion, gebe ich Dir Recht. Die weiter fortschreitende Verbreitung der „menschenleeren Fabrik“ wird sich nicht aufhalten lassen. Auch ist die Frage, ob man der monotonen Arbeit am Fließband oder der anstrengenden Tätigkeit am Hochofen eine Träne nachweinen sollte. Die Abschaffung dieser Arbeitsplätze ist zwar für den momentanen Arbeitsplatzbesitzer schmerzhaft, aber doch weniger wegen der ausgeübten Tätigkeit sondern vielmehr wegen des beträchtlichen Einkommmensverlustes. Hier wäre wohl eine Diskussion über die Entkopplung von Arbeit und Einkommen angebracht. Weil Du das Problem der Verteilungsgerechtigkeit weiter unten noch ansprichst, werde ich es hier bei dieser Andeutung belassen.

In Antwort auf:
2. Den klassischen Kapitalismus haben wir noch in den mittelständischen
Unternehmen, aber gleichzeiitig haben wir eine Struktur in der
Wirtschaft wo in großen und auch immer mehr kleineren Unternehmen das
internationale Kapital das Sagen hat. Der Einfluß von
Fondsgesellschaften und Banken ist da schon gigantisch, wenn auch meist
im Verborgenen. Auf diese Strukturen hat ein nationaler Staat aber nur
geringen Einfluß. Wenn der Staat seiner Aufgabe, dem Kapital optimale
Bedingungen zu seiner Vermehrung zu schaffen, nicht nachkommt, geht das
Kapital im einfachsten Fall wo anders hin. Im extremeren Fall wird wird
der Staat so verändert, dass alles wieder passt. Insbesondere in unserer
heutigen Zeit, in der die politische Macht der Massenmedien aus meiner
Sicht außerordentlich groß ist, ist dafür nicht mal ein Putsch nötig.


Der Einfluß der Fondsgesellschaften (Hedgefonds) und Banken beschränkt sich auf einen Punkt: Profitmaximierung um jeden Preis. Denn um nichts anderes geht es ihnen, die ihren Anlegern gegenüber rechtfertigen müssen, warum sie ausgerechnet in dieses und kein anderes Unternehmen investierten. Was den Einfluß des Staates angeht, hätte dieser schon Möglichkeiten, steuernd einzugreifen, wenn ihm international gelänge, Abkommen über die Überwachung von Finanztransaktionen zu schließen (z.B. Tobin-Steuer). Weil aber der Einfluß der neoliberalen Lobbyisten z. B. auf EU-Gremien nicht zu unterschätzen ist, wird der Versuch, das vagabundisierende Kapital zu kontrollieren und seinen Einfluß zu beschränken, als systemsprengender bekämpft werden. In diesem Punkt neige ich auch zu einer pessimistischen Einschätzung. Der umgekehrte Weg, den Du bereits andeutest, also die stillschweigende Umwälzung des politischen Systems (man denke an die neoliberale Umdeutung des Begriffs „Reform“) halte auch ich für wahrscheinlicher.

In Antwort auf:
3. Wir haben in der Bundesrepublik tatsächlich einen relativ stabilen
Kapitalismus (trotz RAF und Terror und Massenarbeitslosigkeit und...).
Verantwortlich dafür ist ein Grundgesetz, welches bisher immer noch
weitgehend stabil blieb, vielleicht auch aus den Erfahrungen mit dem
3.Reich. Und das Bundesverfassungsgericht macht seinen Job, die dort
verankerten Grundrechte in Einzelfällen immer wieder gegeneinander
abzuwägen, doch ziemlich gut. Bedenklich ist da schon eher, dass der
Staat in den letzten Jahren immer häufiger die Grenzen der Verfassung
auslotete oder auch überschritt und dort korrigiert werden musste. Noch
funktioniert das Ganze, aber wie lange?


Dein Vertrauen in geschriebenes Recht erstaunt mich ein wenig. Ob ausgerechnet das Grundgesetz für die Stabilität des Kapitalismus verantwortlich ist, darf man – sofern man es kritisch liest – wohl bezweifeln, denn gerade das GG legt sich gar nicht so sehr auf ein Wirtschaftssystem fest. Selbst vor dem Eigentum, das dem Kapital ja heilig ist, zeigt es keinen besonderen Respekt. Zwar – da mache ich mir keine Illusionen – sieht die Verfassungspraxis wieder anders aus, doch das GG selbst läßt die Frage des Wirtschaftssystems offen, so lange der Staat seiner Fürsorgerolle für den einzelnen Bürger, die einzelne Bürgerin nachkommt (Sozialverpflichtung). In der Verfassungspraxis bedeutet das allerdings auch, daß die Fürsorgepflicht gegenüber dem Kapitalisten nicht vernachlässigt wird. Im übrigen hat auch der strammste Neoliberale ein Interesse an einem funktionierenden Rechtssystem, weil er ansonsten um seine berechtigten (oder auch unberechtigten) Forderungen gegen andere Wirtschaftssubjekte bangen müßte. Nur ein in diesem Bereich der Rechtssicherheit (BGB, HGB) tätiger Staat ist ja für den Neoliberalen erwünscht. Ansonsten soll in seiner Vorstellung der Markt alles regeln.

In Antwort auf:
4. "Die Proletarier haben nichts zu verlieren als ihre Ketten, sie haben
eine Welt zu gewinnen. (Marx, Manifest)
Bei uns sind wir davon noch weit entfernt, noch haben auch Arbeitslose
was zu verlieren. In vielen anderen Ländern aber kämpfen die Menschen um
das nackte Überleben, man muss sich nur die Flüchtlinge ansehen....Mit
Harz IV sind wir allerdings da auch schon "weiter" im Abstieg,
allerdings verhungert noch keiner...


Hier bin ich etwas optimistischer als Du. Ich glaube nicht daran, daß die neoliberale Offensive so weit erfolgreich sein wird, daß ihre Vertreter hier in Europa ernsthaft Hungertote in Kauf nehmen werden, weil sie jegliches soziale Gewissen verloren haben. Ein verhungerter Konsument ist zu verschmerzen, aber die Folgen des Bekanntwerdens (sofern ich das Fortbestehen der „freien Presse“ unterstellen darf) seines Todes und der Todesart wären katastrophal für die Legitimation des Systems. Noch ist das Gedenken an das menschenverachtende System der Nazis relativ lebendig. Kein Neoliberaler könnte sich leisten, ideologisch in dessen Nähe gerückt zu werden. Schon deshalb und aus dem Wissen heraus, daß ein sattes Volk ein ruhiges Volk ist, wird man eine derartige Entwicklung hier nicht riskieren können. Das schließt jedoch nicht aus, daß die relative Armut zunehmen und immer größere Teile der Bevölkerung in relativer Armut versinken, also von dem Genuß gesellschaftlicher Luxusgüter ausgeschlossen sein werden.

Was nun die weltweite Verteilung des Reichtums angeht, sieht es unverändert schlecht aus. Die Schere der Ungleichheit hat in den letzten dreißig Jahren noch einmal eklatant zugenommen. Das kapitalistische System hat immanent kein Interesse an der gleichen Verteilung von Gütern und Dienstleistungen. Deshalb wird sich weltweit wenig ändern, solange internationale Institutionen wie Weltbank und IWF die uneingeschränkte Öffnung der Binnenmärkte als Allheilmittel den Ländern der 3. und 4. Welt aufzuoktroyieren suchen.

Zu dem Punkt „Entkopplung von Arbeit und Einkommen“ werde ich wohl doch nicht mehr kommen. In der Wochenzeitung „Freitag“ läuft zur Zeit eine Diskussion über dieses Thema. Wer sich darüber informieren möchte, sei auf das Online-Archiv der Zeitung (unter http://www.freitag.de) verwiesen.

Aus Sicht eines Naturwissenschaftlers schrieb Wolfgang Neef einen interessanten Artikel, der recht gut in unsere Diskussion zu passen scheint, für den letzten „Freitag“. Ich habe mir einmal die Mühe gemacht, den Artikel aus der *.pdf-Datei zu extrahieren und neu zu formatieren, um ihn hier zur Kenntnisnahme anzuhängen.

Es grüßt
Quintus


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WolgangNeef-Freitag03-2007.txt
Quintus

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#19 von Karli ( Gast ) , 22.01.2007 11:19

In den T-online-Nachrichten ist gerade zu lesen,
dass sich eine neue Finanzkrise anbahnt.
U.a. deswegen , weil die " Blase " Fondgesellschaften
zu platzen droht - das hat jeder halbwegs denkende Mensch
vorhersagen können , auch ohen vorher Marx gelesen zu haben.
Hoffen wir das Beste , was auch immer das sein mag.

Karli


Karli

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#20 von joesachse , 22.01.2007 22:35

@Karli: Habe die Meldung zur Finanzkrise leider nicht mehr gefunden. Aber so eine Aussage ist sicherlich global genau so unsinnig wie die Aussage zu Aktien. Wir haben gelernt, das das sich das kapitalistische Wirtschaftsystem in einer zyklischen Krise befindet, d.h. ein Auf und Ab ist völlig normal. Und so, wie Aktien seit Jahrzehnten stabil oder eben eher spekulativ sind, so ist es auch mit den Fondsstrategien. Es gab auch während der letzten Aktienkrise Fonds und Aktien, mit denen man ein paar DM/Euro verdienen konnte. Dies hat aber ja nur bedingt was mit unserer Diskussion hier zu tun

Gruß
JoeSachse


 
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RE: Zukunft des Kapitalismus?

#21 von joesachse , 22.01.2007 22:53

Hallo Quintus,

hier ein paar Anmerkungen:

In Antwort auf:

Der Einfluß der Fondsgesellschaften (Hedgefonds) und Banken beschränkt sich auf einen Punkt: Profitmaximierung um jeden Preis. Denn um nichts anderes geht es ihnen, die ihren Anlegern gegenüber rechtfertigen müssen, warum sie ausgerechnet in dieses und kein anderes Unternehmen investierten.


Der Maximalprofit ist das Ziel jedes Unternehmens bei Strafe seines Untergangs. Beim anonymen Kapital der Fonds wird das sicher am deutlichsten, während mancher Familienunternehmer größere Teile seines Gewinns an die Arbeitnehmer verteilt.

In Antwort auf:
Was den Einfluß des Staates angeht, hätte dieser schon Möglichkeiten, steuernd einzugreifen, wenn ihm international gelänge, Abkommen über die Überwachung von Finanztransaktionen zu schließen (z.B. Tobin-Steuer).


Der Staat hat die Aufgabe, die besten Bedingungen für die nationale Wirtschaft zu schaffen. Viele der scheinbar guten und gerechten internationalen Regularien dienen doch in erster Linie starken Wirtschaften mit starken Unternehmen. Das Durchsetzen von Wettbewerb und Markt bevorzugt doch ganz klar die Starken. Ich sehe kein systembedingtes Interesse des Staates, dies zu ändern.

In Antwort auf:
Dein Vertrauen in geschriebenes Recht erstaunt mich ein wenig. Ob ausgerechnet das Grundgesetz für die Stabilität des Kapitalismus verantwortlich ist, darf man – sofern man es kritisch liest – wohl bezweifeln, denn gerade das GG legt sich gar nicht so sehr auf ein Wirtschaftssystem fest. Selbst vor dem Eigentum, das dem Kapital ja heilig ist, zeigt es keinen besonderen Respekt.


Genau dies ist doch die Stärke unseres Grundgesetzes, das in der gegenwärtigen Umsetzung doch die grundlegenden Menschenrechte sehr hoch gehalten werden und auch als Lehre aus unserer Vergangenheit relativ konsequent durchgesetzt werden. Mir ist vollkommen klar, dass dies ein historischer Staus Quo jetzt ist, wenn die Erinnerung an die Millionen Toten der Weltkriege und die deutsche Verantwortung weitgehend aus dem Gedächtnis der Menschen verschwunden ist, kann sich dies auch ändern. So grenzenlos ist mein Vertrauen dann auch wieder nicht ...

Soweit erst mal dazu, über den Rest muss ich noch mal hirnen...

Gruß
JoeSachse


 
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RE: Zukunft des Kapitalismus?

#22 von Karli ( Gast ) , 23.01.2007 13:34

Was mir auffält ist , dass der gegenwärtige große Einfluß
von Finanzgesellschaften auch die Kapitalisten alter Schule
irgendwie anscheißt.
Wenn jemand etwas wirklich eigenes hat , geht er damit sicherlich
verantwortungsvoller und nachhaltiger um , als jemand , der von einer Kapitalgesellschaft
nur als " Verwalter " eingesetzt ist , mit dem Ziel , Maximalprofit in
kurzer Zeit zu erzielen . ( Stichwort " Filettierung ).
Was im Endeffekt aus den anvertrauten Werten wird , ist völlig egal,
von Menschen ganz zu schweigen .

Karli


Karli

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#23 von joesachse , 24.01.2007 20:48

Der "Kapitalist" ist doch nicht der Geschäftsführer eines Unternehmens, sondern immer noch der Eigentümer des Unternehmens. Aber vielleicht werden Geschäftsführer/Vorstände in großen Unternehmen so hoch besoldet, damit sie sich auch etwas als Eigentümer fühlen, denn durch ihre Arbeit schaffen sie ja Eigentum.

JoeSachse


 
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RE: Zukunft des Kapitalismus?

#24 von Karli ( Gast ) , 25.01.2007 09:00

Ich meine ja die Kapitalisten , denen es noch gehört , Klein - und mittelständische Betriebe,
meist seit Ewigkeiten im Familienbesitz , wo der " Alte " noch jeden Tag vor Ort ist .
Dieser Urtyp des Kapitalisten geht unter dem Druck des ( eigentlich keine Werte schaffenden )
Finanzkapitals langsam, aber sicher , den Bach runter.

Karli


Karli

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#25 von Iris , 25.01.2007 11:39

Karli,

da hast Du wohl Recht. Die Kleinst- und mittelständischen Kleinbetriebe werden entweder von der Bildfläche wegrasiert (aufgekauft) oder müssen Insolvenz anmelden.

Doch eigentlich bekommt man nur dort noch wahre Qualität, soweit man sie bezahlen kann. (Katze-beißt-sich-in-den Schwanz)


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zuletzt bearbeitet 25.01.2007 | Top

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#26 von Immigrantenmann ( gelöscht ) , 31.01.2007 19:38

Hallo zusammen,

also das ist einer der besten Diskurse in diesem Forum,
sachlich,nüchterne Bestandsaufnahme und analytisch geführt ohne hektische Aufgeregtheiten

Leider bin ich etwas zu spät darauf gestoßen um noch viel Substanzielles beitragen zu können.
Ev. diese Gedanken:
Ich hatte das Thema 1989 in meiner Arbeit in Verbindung mit der friedlichen Koexistenz
der beiden Systeme als Friedensgarant betrachtet. Das Thema kam aus Moskau von der Militärakademie.
Also, Gorbatschow und die Seinen hatten auf Ihrem letzten Parteitag diese Frage auch beleuchtet,
er selber ging in seiner Abschlußrede darauf ein, lieber den Sozialismus zu opfern, als Preis
der völligen Selbstaufgabe, als es auf einen Atomkrieg (der den Untergang der gesamten Menschheit
zur Folge haben würde) ankommen zu lassen. Das ist für mich bis heute die einzige plausible Erklärung
zur desaströsen Entwicklung UdSSR-Rußlands. Selbst Peter der I. hätte sich im Grabe umgedreht wenn er
den Besitzer der jetztigen großen Privatstiftung sehen würde.(Ich scheife ab)
Die Atomwaffen haben ja nicht die Angewohnheit pleite zu gehen sondern sind ein reines pol. Machtinstrument.
Wenn wir davon ausgehen das die defizitäre finanzielle Abhängigkeit von Staaten in diesem extra geschaffenen
globalisierten Wirtschaftsraum dazu da ist sich immer frisches Kaptial von den Finanzmärkten zu beschaffen
ist das eine Spirale ohne Ende, nur durchbrochen von Börsencrah(e)s zur Marktkonsolidierung und Umverteilung
der Geldmenge. Erst wenn die Gemeinden, Kommunen, Landkreise den förderalistischen Gedanken fallen lassen
müssen[BRD] weil Sie Ihre Zahlungsunfähigkeit eingestehen (wohl kaum, ehe Ihr Tavelsilber verscheuert ist) wird sich etwas kritisch ändern. Haushaltssperren werden in Gebiesreformen enden, Personallabbau im Beamtenbereich ist dann das Endstadium. Als These von mir aufgestellt,
ohne die Kaste der Beamten würde dieser Staat so nicht existieren. Ob das dann auch auf den Kaptialismus
zutrifft?, wahrscheinlicher erscheint mir eine andere Form der Diktatur des Kapitals, große Monopolisten wenig oder gar kein Mittelstand, siehe BASELII Kriterien, die komischerweise in der Umsetzung jetzt aus USA blockiert wird.
Vorraussetzung jedoch ist:

Abgesehen von allen ökonomischen Dingen wird sich die Zukunft des Kapitalismus daran zeigen wie er mit
seinen Atomwaffen umgeht, ob er Sie abbaut(wartet verschrottet), ersetzt? Das trifft auf alle ABC Waffen zu.
Der nukleare Winter oder das freisetzen von Genwaffen sind nicht rückkängig zu machen. Die im Zuge des kalten
Krieges erteilten Freifahrtsscheine für die Produktion von Kernwaffen in anderen Ländern macht die Sache noch komplizierter. Sollte sich einer in diesem Machtvakuum aktiv nach vorne Drängen und einmal eine, wenn auch nur
kleine Ausnahme durchführen....dann ist über kurz oder lang
Es gab mal militärische Berechnungen nach wievielen weiteren oberirdischen Kernwaffenversuchen in der Atmosphäre sich die Erde jeweils um 1°C aufheizt. Also ich sehe diese Gefahr potentiell größer für den Kapitalismus an, weil dieses Faktuum weder Marx,Engels,Hegel, o.a Anhänger von anderen(...mus) sahen. Auch die Philosophen nicht. Nur die Politikwissenschaft wird verantwortungsbewußt eine Lsg. herbeiführen müssen oder Sie hat Ihren Namen nicht verdient.

Was mich wundert ist das den Bürgern dieses Landes es zwar wichtig war das russische Atomwaffen von Ihrem Territorium verschwanden, amerikanische jedoch nicht. Das gleiche gilt für die eingelagerten ABC Waffen.
Oder läßt das der große Bruder jenseits des Teiches nicht zu, im Zuge der interkontinentalen Verfügbarkeit
könnte man Sie doch von deutschem Hoheitsgebiet verbringen. Ist das das pol. Druckmittel in Europa?


tp


Immigrantenmann
zuletzt bearbeitet 31.01.2007 19:51 | Top

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#27 von Karli ( Gast ) , 01.02.2007 16:11

Man hört und sieht ja auch nur Berichte
von der Vernichtung " roter " Waffensysteme.
Klar , die Amis nutzen jeden Krisenherd der
Welt zum Entsorgen von Altwaffen/-munition.
Deswegen freut man sich insgeheim über die
Entwicklung der Beziehungen Iran-Israel ,
hat man da doch sicher bald Gelegenheit ,
auch radioaktiven Schrott zu verballern.
Ist ja auch schön weit weg von Amerika.

Karli


Karli

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#28 von Immigrantenmann ( gelöscht ) , 01.02.2007 18:42

Hallo Karli,

ev. ist es noch simpler, die intensive Ausbeutung der natürlichen Ressourcen und Bodenschätze durch 3
Industriegenerationen, das Verbrennen von in über 500 Mill. Jahren angesammelten Rohstoffvorkommen
in kürzester Zeit überholt den atomaren Schlag.

Wenn die Rohstoffe und Bodenschätze knapp werden und verbraucht sind werden die zu Maximalprofiten verpflichtenden Unternehmen sich schon Zugang verschaffen. siehe Engagement Halibourten im IRAK
Dabei hat der Mensch durch seinen Verstand anderen Möglichkeiten gefunden als Krieg zu führen!!
Die kurzfristige Gewinnmaximierung ist ein Grundübel der Aktiengesellschaften. Sie verstellt den Unternehmen
die Möglichkeit Länder- und Branchenübergreifend zu Handeln, ich denke nicht das es ausreicht wenn Staaten
die Forschung, wie in Fr. zur Kernfusion vorantreiben.
Ich kenne 4 Unternehmen in Dt. wenn die ein langfrisiges Projekt planen würden zur Rückgewinnung von Energie
dann könnten sich Staatshaushalte von Engl.,Fr. Dt. mit Brüssel zusammen wie Almosen ausnehmen.
Da der Staat diese Unternehmen begünstigt durch Steuererleichterungen, Investitionszulagen uva. könnte er..
aber das kann er nicht weil die Lobbyisten aufpassen das Sie Ihre Macht erhalten.

Es ist hier schon unheimlich schwierig ein fachbereichübergreifendes Meeting zu einem Thema innerhalb eines Konzerns durchzuführen, das sich jeder als eigenes abrechenbares Profitcenter ansieht. Claimübertritte werden hart geahndet. Dabei würde es beitragen den wilden Aktionismus der hinter vielen Projekten steht koordiniert zu lenken.
Aber das ist nicht das Thema.
tp


Immigrantenmann

RE: Zukunft des Kapitalismus?

#29 von Buhli , 01.02.2007 21:04

Da der Staat diese Unternehmen begünstigt durch Steuererleichterungen, Investitionszulagen uva. könnte er..
aber das kann er nicht weil die Lobbyisten aufpassen das Sie Ihre Macht erhalten

Bei diesen Sätzen fällt mir doch Marx ein. "Der Staat ist das Machtinstrument der herrschenden Klasse." Ja und wie die herrscht.
Das die USA immer noch ihre Atomwaffen in D hat, kann ich nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" auch nicht mehr nachvollziehen. Nicht der Komunismus ist das Problem für diese Welt....
Buhli


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RE: Zukunft des Kapitalismus?

#30 von Muschelschubserin ( gelöscht ) , 01.04.2007 16:29

Ich denke, an dem derzeitigen System wird sich nichts Grossartiges ändern, solange noch die Mehrheit der Bürger sich mehr oder weniger gut von Monat zu Monat hangeln und das Leben an sich einigermassen erträglich ist.
Durch die immer mehr durchgreifende weltweite Wirtschaft wird es meiner Meinung nach auch immer unwahrscheinlicher aus diesem Kreislauf irgendwie ausbrechen zu können bzw. etwas grundlegendes zu ändern.

Wahrscheinlich wäre die einzigste Möglichkeit nur noch, bei sich selber sein eigenes Konsumverhalten zu prüfen.
Leider kann ich bei meiner Tätigkeit im Einzelhandel bemerken, das es für Klein- und mittelständische Unternehmen immer schwerer wird fair und integer zu handeln. Bei Beginn meiner Tätigkeit gab es z.B. noch sehr viele Produktionsfirmen, die ihre Möbel noch in Deutschland produziert haben und in einem irrsinnig schnellen Tempo die Produktionen nach Polen verlegt haben. Diese können mittlerweile auch nicht mehr wie gewünscht kostengünstig produzieren und ich bekomme immer öfters von Vertretern Ramsch aus China (wirklich wahr) angeboten. Traurig aber wahr, immer öfters muss ich detektivisch den Herstellern international hinterherfahnden um den richtigen, neuen Ansprechpartner zu finden.

Das bei der Produktion z.B. von Ledermöbeln aus China den dort vor Ort regional Beschäftigten die lebenswichtigen Ressourcen regelrecht vernichtet wird (Trinkwasserflüsse sind nur noch wabernd, dampfende Chemiegruben) wird gerne aussen vor gehalten. Mal abgesehen davon, das ich nicht sagen kann wie weit gesundheitliche Beeinträchtigungen (Allergien etc.) durch den Gebrauch solcher Möbel im täglichen Gebrauch entstehen.
Ich verkaufe derartigen Schrott jedenfalls nicht, meine Mitbewerber haben damit anscheinend keinerlei Probleme, weil diese Billigmöbel vom Kunden einfach verlangt werden.
Vielleicht bin für den Job doch zu empfindlich...

Besonders "tricky"; selbst aufgeklärte Kunden können sich mittlerweile nicht mehr gegen so eine (sorry) Sauerrei wehren, da einfach das Geld in ihrem eigenen, privaten Geldkreislauf fehlt um qualitativ höherwertige Anschaffungen zu machen und/oder sogar vielleicht regionale Unternehmen zu unterstützen und dabei meine ich nicht nicht nur Grossanschaffungen, sondern auch schon der einfache Lebensmitteleinkauf unter der Woche.

Habe leider auch kein Rezept dagegen, sonst würde ich hier nicht am Compi sitzen.

Muschelschubserin
zuletzt bearbeitet 01.04.2007 16:31 | Top

   

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